Neuer Standort Liesing
Ab sofort steht der Kiosk beim F23, einem Kultur- und Veranstaltungsort in der ehemaligen Sargfabrik auf der Breitenfurter Straße (Liesing).
Die Platane und der Kiosk sind nicht die einzigen lokalen Mini-Wahrzeichen der Wiener Grätzel, die der U-Bahn weichen müssen. Auch zum Beispiel das ehemalige Feuerwerk-Geschäft mit der charakteristischen bunten Schrift, seit Jahrzehnten beheimatet am Matzleinsdorfer Platz, gibt es seit April nicht mehr.
Eigentlich konnte man dort immer nur Ende Dezember, also kurz vor Silvester, Pyrotechnikartikel erstehen. Zuletzt wurde im Feuerwerk schon längere Zeit gar nichts mehr verkauft.
In den vergangenen Jahren hat dafür der Künstler und Stadtforscher Tomash Schoiswohl den Raum immer wieder für Ausstellungen und Workshops genutzt. Zuletzt soll hier ein Obdachloser gewohnt haben, erzählt Schoiswohl. Trotz allem habe das Geschäft aber zum Grätzel dazu gehört. Das Feuerwerk habe ihm sofort gefallen, schon damals als er 1999 nach Wien kam. „Diese Buntheit bei der gleichzeitigen Verfallenheit mit den verstaubten Packungen in Auslage hat mich fasziniert“, sagt Schoiswohl.
Der brüchige Charme des Feuerwerks ähnelte dem des Josefstädter Zeitungskiosks. In dessen Seitenauslage hängen hinter schmutzigem Glas noch Zeitschriften aus den 80er-Jahren.
Bis Juni wird der Kiosk aber komplett aufpoliert. Die Skaterinnen wollen dann hier nicht nur Kleidung und Boards verkaufen, sondern auch einen Ort der Begegnung schaffen – insbesondere für FLINTA*-Personen. Die Abkürzung steht für Frauen, Lesben und Menschen, die sich als Inter, Nichtbinär, trans oder Agender bezeichnen.
„Die Skaterszene zeichnet sich sonst durch Macho-Männlichkeit aus“, sagt Rohrmoser. Frauen seien höchstens Sexsymbole. Motive auf der Kleidung seien oft nackte weibliche Körper, manchmal sogar homophob.
Durch “Brettl Bande”, gegründet von Anja Summerer und zwei anderes Personen, eine Skatecrew für einen sicheren Ort für FLINTA* Personen, lernten sich die 4 Frauen/Nichtbinäre Personen vom Moisturride Team überhaupt kennen.
„Ich habe vor zwei Jahren zu skaten begonnen und schnell gemerkt, dass ich mich allein nicht wohlfühle“, erzählt Summerer. Blicke, blöde Sprüche oder penetrantes Aufdrängen von Hilfestellungen verleideten Summerer den Sport. Darum will Moisturride einen sicheren Ort für alle jene schaffen, denen es genauso geht.
U2-Ausgang statt Haus
Ein früheres Opfer des U-Bahn-Baus ist das Gründerzeithaus in der Hofmühlgasse 6 (Mariahilf), das 2018 abgetragen wurde. Hier soll demnächst ein U2-Ausgang der Station Pilgramgasse errichtet werden.
Christoph Pfandler hat durch den Abriss seinen Standort des Vintage-Modegeschäfts Polyklamott verloren. „Zuerst hat es mir den Boden unter den Füßen weggezogen“, sagt er. 20 Jahre lang habe er das Geschäft in der Hofmühlgasse gehabt und plötzlich wurde ihm mitgeteilt, dass er das Feld räumen müsse. „Ich hatte keine Option, Nein zu sagen. Was soll man denn machen gegen die Wiener Linien mit ihrem Stab an Anwälten?“ Letztendlich habe man aber zu einer Einigung gefunden.
Im Endeffekt sei er gestärkt aus der Sache herausgegangen. Das Polyklamott ist sogar größer geworden. Durch Glück fand er damals ein neues Lokal in der Mollardgasse, also gleich um die Ecke. „Das hat mich sehr erleichtert, sonst wäre ich komplett entwurzelt gewesen“, sagt Pfandler.
Wurzeln schlagen
Der umgepflanzten Eiles-Platane geht es währenddessen in ihrer neuen Heimat gut. Damit sie sich wohlfühlt, wird sie zweimal die Woche bewässert. Für einen anderen Baum ist die Zukunft aber noch ungewiss. Die Schubertlinde am Augustinplatz (Neubau) muss ebenfalls wegen des U2-Ausbaus weg. Dabei ist sie mit 100 Jahren noch älter als die Platane. Die ÖVP Neubau will sie nun mit einer Bürgerinitiative retten.
Der Zeitungskiosk könnte übrigens zukünftig in ganz Wien auftauchen – als mobiler Verkaufsstand. Zumindest bis August steht er laut Moisturride aber fix in Liesing. Es sei ja auch irgendwie schön, jetzt ein neues und unbekannteres Grätzel damit zu beleben.
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