Forscher finden Pharaonen-Hafen

Forscher finden Pharaonen-Hafen
Dort, wo heute Felder liegen, entdeckten heimische Forscher Hinweise auf Hochsee-Schifffahrt.

Tell el-Dab’a, Ägypten, zweieinhalb Stunden Autofahrt nördlich von Kairo: Irene Forstner-Müller marschiert über die Äcker im Nildelta. Als die österreichische Archäologin eine Senke passiert, tauchen vor ihrem inneren Auge Schiffe auf, ein großer Hochseehafen aus der Pharaonenzeit. Es herrscht geschäftiges Treiben. Öl und Wein aus dem Mittelmeerraum, Kupfer aus Zypern werden ausgeladen, Leinen, Gold und Statuen im Gegenzug verladen.
Intensive Untersuchungen haben ergeben, dass der Hafen der Hyksos-Haupstadt Avaris und der aus der Zeit der Ramessiden hier gelegen haben muss, sagt die Grabungsleiterin in Ägypten. Jeder Laie würde sie für verrückt erklären, denn der Nil fließt an die 200 Meter weit entfernt.
Heute. Vor mehr als 3000 Jahren war der Nil genau dort, wo sich in Forstner-Müllers Kopf Schifffahrtsszenen abspielen. Und seit Kurzem kann sie es beweisen: Gemeinsam mit ihrem Team hat sie den Pharaonen-Hafen von Avaris entdeckt. Avaris war das Kairo der Antike. Eine echte Metropole. Ihre Lebensader war eindeutig der Nil.

Blick ins alte Ägypten

Forscher finden Pharaonen-Hafen
Irene Forstner-Müller, Ägyptologin
Unweit des Grabungshauses, von dem aus die österreichischen Archäologen seit gut 40 Jahren operieren, vermutete Forstner-Müller den Hafen. „Dort haben wir einen Schnitt ins Becken gemacht.“ Nicht ohne vorher Magnetometer-Messungen zu machen. Auf denen glaubte sie, die Nil-Kante zu erkennen. „Wir haben uns das alles sehr simpel vorgestellt. Da sieht man das Hafenbecken in den Plänen, dort haben wir vielleicht eine Anlegestelle“, erinnert sich die Archäologin. Als sie hineinschauten: Kein Nil-Rand erkennbar. „Wir waren beunruhigt und sind zehn Meter weiter in das frühere Hafenbecken ‚hineingesprungen‘.“
Ein neuer Schnitt. Wieder nichts. „Ich habe die Krise gekriegt und die französischen Kooperationspartner aus Lyon und Straßburg, die Spezialisten für Häfen sind, gebeten, nochmals Bohrungen zu machen und nachzusehen, ob wir überhaupt richtig liegen“, erinnert sie sich an diese zermürbende Zeit. Grabungen im Frühling brachten dann erlösende und überraschende Ergebnisse: „Wir haben eine Begrenzungsmauer entdeckt“.
Dennoch beschäftigt sie jetzt die Frage, ob so ein Pharaonen-Hafen auch nur ansatzweise etwas mit unseren modernen Vorstellungen von einem Hafen zu tun hat. Mauern, Straße, Pier – Fehlanzeige bisher.

Die Schiffe

„Uns ist bekannt, wie Hochseeschiffe dieser Zeit ausgesehen haben“, sagt die Archäologin. Im Roten Meer haben französische Forscher kürzlich einen Hafen aus der Zeit von König Cheops gefunden. Auch aus dem Mittelmeer sind Schiffswracks aus dieser Zeit erhalten. Was man weiß: „Sie waren sehr groß, befuhren das Mittelmeer und dann weiter den Nil. Später wurde die Ladung auf kleinere Schiffe gepackt.“ Schon damals waren etwa die Menschen aus der Levante große Seefahrer, die mit anderen Migranten für die Pharaonen zur See fuhren. Mit der ganzen Mittelmeerwelt hat man Handel getrieben. Forstner-Müller: „Wir wissen einiges darüber, weil wir viele Amphoren, die Transportgefäße der Antike, in Avaris gefunden haben.“ Die Forscherin ist sicher, dass Avaris, der Hafen der Hyksos-Hauptstadt und der Ramses-Hauptstadt Pi-Ramesse, ein ganz bedeutender Ort für den maritimen Handel mit der Levante und dem Mittelmeer gewesen ist. Jetzt, da die Archäologen trotz der politischen Unruhen wieder arbeiten dürfen, wollen sie klären, seit wann der Hafen besiedelt war. Forstner-Müller: „Wir hoffen auf wichtige Informationen, wie so ein Hafen für hochseetaugliche Schiffe aufgebaut war und wie er funktionierte.“

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