Es war das Jahr 1931, als die breite amerikanische Bevölkerung zum ersten Mal Santa Claus kennenlernte – Coca Cola sei Dank.
Charles W. Howard, geboren 1896, verliebt sich schon viel früher in den korpulenten, weißbärtigen Mann, der in einem Rentierschlitten unterwegs ist, in der Nacht des 24. Dezembers durch den Schornstein klettert und braven Kindern Geschenke in ihre Socken stopft: Der junge Howard soll bereits als Viertklässler in einem Theaterstück in die Rolle des Weihnachtsmannes geschlüpft sein und sie seitdem bis zu seinem Tod 1966 nur sehr ungern abgelegt haben. In der Vorweihnachtszeit jobbte er verkleidet in Kaufhäusern, trat fast zwei Jahrzehnte lang als Saint Nicholas bei der Thanksgiving-Parade des Shoppingtempels Macy’s auf – und gründetet 1937 die erste "Santa Schule" der Welt.
Straffer Stundenplan
Einmal im Jahr, Ende Oktober, wird dieser Ort in Midland, Michigan, zur Pilgerstätte von rund 200 bärtigen Männern mit Kugelbauch, die aus aller Welt zusammen kommen, um im Rahmen eines dreitägigen Seminars zur nächsten Generation Weihnachtsmänner ausgebildet zu werden.
Die Schule gilt als "Harvard" aller "Santa Schulen". Pünktlich um 8.30 Uhr klingelt die Schulglocke: Auf dem Stundenplan stehen Geschichtsstunden zu Santa Claus, Stimmtraining und Singstunden – das authentische "Ho ho ho" muss schließlich sitzen. Auch die richtige Bartpflege wird unterrichtet, alle bartlosen Santas bekommen Nachhilfe im Anbringen eines falschen Barts. Sogar echte Rentiere sind auf dem Areal zu Hause – damit die Weihnachtsmänner den Umgang mit den Tieren lernen.
Denn zu Santas tierischen Gehilfen stellen neugierige Kinder besonders gerne Fragen, sagt Schuldirektor Tom Valent. Der 71-Jährige führt mit seiner Frau Holly das Erbe Howards weiter. "Die Weihnachtsmänner werden bei uns auf solche Fragen vorbereitet: Warum können Rentiere fliegen? Wo wird das Spielzeug hergestellt? Was macht Santa Claus unter dem Jahr? Man sollte auf Trab sein, die Kinder werden den Auftritt ewig in Erinnerung behalten", sagt er gegenüber der Washington Post.
Wer denkt, dass der Weihnachtsmann durch den Schornstein eintritt, der irrt. Der Weihnachtsmann tritt durch das Herz ein.
von Charles W. Howard (1896-1966)
Gründer der ersten "Santa Schule"
Seit dem Vorjahr stehen auch Zoom-Sessions auf dem Stundenplan. Denn selbst der Weihnachtsmann ist nicht vor der Corona-Pandemie gefeit. "Im Vorjahr absolvierte ich 350 Online-Hausbesuche", berichtet ein Teilnehmer stolz.
Santa emanzipiert sich
Das harmonische Miteinander steht dabei stets im Vordergrund. Ja, auch Weihnachtsmänner können streitlustig sein, gesteht Valent der Washington Post: "Vor allem, wenn man auf der Straße in der vorweihnachtlichen Hektik um die besten Plätze vor den Kaufhäusern buhlt."
Seit 1986 sollen mehr als 5.000 Weihnachtsmänner die Schule besucht haben. Viele kehren zurück, weil sie die Kameradschaft lieben, sagt Valent, und beruft sich auf ein Zitat des Gründervaters Charles W. Howard: "Wer denkt, dass der Weihnachtsmann durch den Schornstein eintritt, der irrt. Der Weihnachtsmann tritt durch das Herz ein." Umsonst ist das Eintreten aber nicht, die Studiengebühr kommt auf 580 US-Dollar (umgerechnet 514 Euro).
Weihnachtsmann ist übrigens schon lange kein typischer Männerberuf mehr, auch hier werden traditionelle Rollenbilder langsam aufgebrochen: Im Oktober nahmen rund 50 "Mrs Claus" am Workshop teil.
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