UN-Vollversammlung: Mitgliedschaft der Palästinenser empfohlen

Grenzübergang Rafah öffnete wieder
Die Lebensbedingungen in der Küstenstadt im Gazastreifen sind grausam. Einzige Hoffnung wäre eine sofortige Waffenruhe.

Die UNO-Vollversammlung hat den Palästinensern innerhalb des größten UNO-Gremiums eine verstärkte Bedeutung verliehen. Palästina hat durch eine mit deutlicher Mehrheit angenommenen Resolution mehr Teilnahme-Rechte an den UNO-Vollversammlungen. Ein Stimmrecht hat Palästina weiterhin nicht.  Für die Resolution stimmten 143 Länder, neun Staaten votierten dagegen, 25 Länder enthielten sich. 

Die Vollversammlung stellt mit der Annahme fest, dass der "Staat Palästina (...) zur Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen zugelassen werden sollte" - der Sicherheitsrat solle diese "noch einmal wohlwollend prüfen". Die USA hatten nur Stunden zuvor bekräftigt, in diesem Fall erneut von ihrem Vetorecht im mächtigsten UN-Gremium mit seinen 15 Mitgliedern Gebrauch machen zu wollen. Vor dem Hintergrund des Gaza-Krieges wurde die Abstimmung auch als internationales Stimmungsbild zu den jüngsten Eskalationen im Nahostkonflikt gesehen. Bei den Vereinten Nationen gibt es eine deutliche Mehrheit für israelkritische oder propalästinensische Beschlüsse. Ein Vetorecht existiert in der Vollversammlung nicht.

Die nun angenommene Vorlage mit dem Namen "Resolutionsentwurf zur Aufnahme neuer Mitglieder in die Vereinten Nationen" und das klare propalästinensische Votum setzten die USA inmitten wachsender Kritik an Israels Kriegsführung im Gazastreifen nun weiter unter Druck. 

Innerhalb des UN-Systems gilt Palästina damit als "Staat", aus Sicht Österreichs dagegen existiert das Land Palästina so nicht. Aufgrund der eingeschränkten internationalen Anerkennung bezweifeln zumindest einige Länder, dass die Palästinenser in internationalen Organisationen auf gleiche Weise mitwirken können wie Mitglieder, deren Staatlichkeit nicht infrage steht. 

Rund 110.000 Menschen sind nach UNO-Angaben seit dem Vorrücken der israelischen Armee in Rafah im südlichen Gazastreifen aus der mit Flüchtlingen überfüllten Küstenstadt geflohen. Sie seien auf der Suche nach Sicherheit, schrieb das UNO-Palästinenserhilfswerk UNRWA am Morgen des 10. Mai auf X. Der Rafah-Grenzübergang nach Ägypten blieb weiter für humanitäre Hilfslieferungen gesperrt.

Bodentruppe und Luftwaffe der israelische Armee in Rafah

Die israelische Armee teilte mit, die Truppen seien weiterhin im Osten der Stadt Rafah sowie in Al-Saitun im mittleren Abschnitt des Gazastreifens im Einsatz. In Rafah habe die Armee mehrere Tunneleingänge aufgespürt.

Bei Gefechten auf der palästinensischen Seite des Rafah-Übergangs nach Ägypten seien "mehrere Terrorzellen ausgeschaltet" worden. Die israelische Luftwaffe habe außerdem mehrere Gebiete im Bereich von Rafah angegriffen, von denen aus in den vergangenen Tagen Raketen und Mörsergranaten auf Israel abgefeuert worden seien.

Ziel war dabei auch der Grenzübergang Kerem Shalom, der als wichtiger Übergang für humanitäre Hilfsgüter in den blockierten Küstenstreifen dient. In Al-Saitun habe die Armee "mehrere Terroristen ausgeschaltet und Terror-Infrastruktur zerstört", hieß es zudem. Die Luftwaffe habe binnen 24 Stunden rund 40 Ziele im Gazastreifen angegriffen.

Folgen für Flüchtlinge dramatisch

Das israelische Militär hatte am Montag, den 6. Mai Einwohner des östlichen Teils von Rafah dazu aufgerufen, das Gebiet zu verlassen. In Rafah sollen sich insgesamt mehr als eine Million Binnenflüchtlinge aufhalten. 

Israels westliche Partner, allen voran die USA, haben die israelische Regierung wegen der erwarteten dramatischen humanitären Folgen eindringlich vor einem groß angelegten Militäreinsatz in Rafah gewarnt. Israel will die islamistische Hamas nach den Massakern in Israel am 7. Oktober vollständig zerstören, deren führende Köpfe es in Tunneln unter Rafah vermutet, wo zu deren Schutz vermutlich auch israelische Geiseln festgehalten werden.

Kein reguläres Stimmrecht

Die UN-Vollversammlung soll am Freitag über die Stärkung der Rechte der Palästinenser innerhalb des größten UN-Gremiums abstimmen. Der vorliegende Resolutionsentwurf räumt dem bisherigen Beobachterstaat Palästina eine deutlich erweiterte Teilnahme an den Sitzungen der Vollversammlung ein, allerdings ohne reguläres Stimmrecht. Eine Annahme würde auch den Druck in Richtung Vollmitgliedschaft erhöhen. 

In dem Text heißt es, die Vollversammlung stelle fest, dass der "Staat Palästina (...) zur Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen zugelassen werden sollte" - der dafür ausschlaggebende Weltsicherheitsrat solle die Angelegenheit "noch einmal wohlwollend prüfen". Der Resolutionsentwurf liegt der Deutschen Presse-Agentur vor - er kann sich aufgrund weiter laufender Verhandlungen noch verändern.

Mehr als 130 Länder anerkennen Palästina 

Vor dem Hintergrund des Gaza-Krieges handelt es sich bei dem Vorstoß in der UNO-Vollversammlung mit 193 Mitgliedern in New York auch um ein internationales Stimmungsbild zum Nahostkonflikt. Diplomatinnen und Diplomaten gehen davon aus, dass die Resolution die notwendige Mehrheit von zwei Drittel aller abgegebenen Stimmen locker erreicht. Einflussreiche Länder wie die Vereinigten Staaten, China und Russland befürchten dabei einen Kontrollverlust bei der Aufwertung von Regionen, deren Staatlichkeit umstritten ist. In den USA - Israels engstem Verbündeten - könnten zudem Rufe laut werden, die Finanzierung für die Vollversammlung einzustellen. Von 193 UNO-Mitgliedsstaaten haben bisher mehr als 130 Palästina als unabhängigen Staat anerkannt. Österreich und die USA gehören nicht dazu.

Erhalten Palästinenser dank UNO bald mehr Rechte? Kritik durch Israel und den USA.

In dem jetzigen Antrag der Vereinigten Arabischen Emirate heißt es zwar, "der Staat Palästina ist für die Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen qualifiziert" und solle deshalb aufgenommen werden. Und an den Sicherheitsrat wird appelliert, "die Angelegenheit erneut und wohlwollend zu prüfen". Doch da weiterhin keine Chance auf Annahme des Antrags durch den Sicherheitsrat besteht, können die Palästinenser lediglich auf die "zusätzlichen Rechte und Privilegien" hoffen, die ihnen dem Antrag zufolge ab der nächsten Sitzungsperiode der Vollversammlung im September zugestanden werden sollen. Neben dem direkten Einreichen von Vorschlägen sollen die Palästinenser demnach symbolisch aufgewertet werden, indem sie ihren Sitzplatz gemäß der alphabetischen Folge inmitten der Mitgliedstaaten erhalten.

Israel kritisierte diese Vorschläge. Damit würden der Palästinenser-Behörde "die Rechte eines De-facto-Staats verliehen", monierte der israelische Botschafter bei der UNO, Gilad Erdan. Auch bezeichnete er den Vorstoß als Verstoß gegen die UNO-Charta, da der Sicherheitsrat umgangen werden solle. Auch die USA reagierten skeptisch. "Wir sind besorgt über den Präzedenzfall, der damit geschaffen wird", kommentierte Vizebotschafter Robert Wood den Antrag an die Vollversammlung.

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