Die geheimnisvolle Rückseite des Mondes wird nun erkundet
Schon beim Namen herrscht ein weit verbreiteter Irrtum: Die dunkle Seite des Mondes ist keineswegs dunkel, sie ist eigentlich nur ein schwarzer Fleck im Wissen der Menschheit. Denn tatsächlich leuchtet die Rückseite bei Neumond sogar stärker als die Vorderseite bei Vollmond.
Der Grund dafür ist kurios:
Denn während die uns wohlbekannte Seite aus lauter Tiefebenen (obwohl wasserlos, Meere genannt) bestehen, findet man auf der Rückseite vor allem bergige Regionen. Dadurch wird mehr Licht aus dem Universum reflektiert, dieser Effekt ist als Albedo bekannt.
Doch damit fangen die vielen Merkwürdigkeiten erst an, denn nur die Kehrseite ist von Kratern fast vollständig übersät. 90 Prozent der Fläche besteht aus Einschlagskratern, das Südpol-Aitken-Becken mit einem Durchmesser von 2240 km ist dabei der größte. Während die Vorderseite zu beinahe einem Drittel aus einer schwarzen, von vulkanischer Lava geformten Oberfläche besteht, sind solche Flecken auf der Rückseite eine Rarität. Das Gestein hat unterschiedliche chemische Zusammensetzungen, die Mondkruste ist auf erdabgewandten Seite sogar um zwanzig Kilometer dicker. Selbst die Schwerkraft ist auf beiden Seiten unterschiedlich verteilt.
Chang’e-6 sammelt Mondproben
Der Mond hat also zwei komplett verschiedene Gesichter. Theorien für diese Anomalien gibt es viele, doch das meiste ist noch zu wenig erforscht. Denn während Milliarden Menschen die Vorderseite kennen, haben bisher nur 24 Apollo-Astronauten die Kehrseite mit eigenen Augen gesehen. Ähnlich ist auch das Verhältnis von Medienberichten. Das erste Foto schoss 1959 eine sowjetische Sonde, erst seit 2010 gibt es eine Karte der Rückseite. Da man für eine Landung einen zusätzlichen Satelliten benötigt, um einen ständigen Funkkontakt mit der Erde zu halten, gelang erst 2019 der chinesischen Sonde Chang’e-4 dieses Kunststück.
Aktuell befindet sich bereits die Nachfolgemission Chang’e-6 in der Mondumlaufbahn. China möchte im Rahmen einer spektakulären Aktion erstmals (zwei Kilo) Gestein auf der erdabgewandten Seite sammeln und zur Erde zurück bringen. Die Mission ist so komplex geplant worden, dass sie Beobachter sogar als ersten Test für eine bemannte Mission ansehen.
Welches Wissen die kommunistische Diktatur anschließend mit der westlichen Welt teilt, ist noch völlig unklar. Denn alle Erkenntnisse der Raumfahrt gelten als Staatsgeheimnisse. Wer unerlaubt im Internet berichtet, dem drohen sogar Haftstrafen. Erst durch Zufall entdeckten Astrofans auf einem Foto kurz vor dem Start, dass auch ein Erkundungs-Rover mit an Bord sein wird. Sein Nutzen ist wohl ebenso geheimnisvoll wie die gesamte Rückseite des Mondes. Jedenfalls will die NASA seit über 20 Jahren so eine Probenrückführung durchführen, eine derartige Mission wurde sogar mit "höchste Priorität" eingestuft, allerdings nie ernsthaft geplant.
Seit einigen Jahren werden von Astronomen außerdem verschiedenste Möglichkeiten erörtert, die Mondrückseite für extrem empfindliche Messungen zu nutzen. Der Vorteil bestünde dort in der Freiheit von irdischem Störlicht und dem Funkverkehr der Erde. Eine Idee wäre etwa ein Observatorium, eine weitere ein lunares SETI-Radioteleskop zur möglichen Erforschung von Spuren Außerirdischer.
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