Maxwells Chauffeur sagt: „Ich sollte blind, taub und stumm sein“
Als Juan Alessi auf Drängen der Staatsanwaltschaft den Führungsstil charakterisieren soll, den Ghislaine Maxwell in der Florida-Villa von Sexualverbrecher Jeffrey Epstein pflegte, sagt der Mann mit dem grau-weißen Kinnbart im Zeugenstand einen Satz mit Erinnerungswert: „Ich sollte blind, stumm und dumm sein – und nichts sagen.“
Der ehemalige Haus-Manager des Epstein-Anwesens in Palm Beach, inzwischen 72, bezog sich damit auf ein über 50 Seiten dickes Handbuch, mit dem Epstein und Maxwell haarklein ihren Alltag inszenierten. Er bestand laut der Anklage gegen die „Hausherrin“ Maxwell (59), die im Falle einer Verurteilung mit bis zu 80 Jahren Haft rechnen muss, zu wesentlichen Teilen aus der systematischen sexuellen Ausbeutung auch minderjähriger Frauen.
"Sie ist ein Raubtier"
Staatsanwältin Lara Pomerantz über die seit Sommer 2020 inhaftierte Multi-Millionärin mit besten Kontakten in höchste Kreise: „Sie ist ein Raubtier, das verletzlichen jungen Mädchen auflauerte, sie manipulierte und zum Missbrauch servierte.“
Wichtigste Regel für alle dienstbaren Geister im Umfeld von Epstein und Maxwell war demnach: „Denken Sie daran, dass Sie nichts sehen, nichts hören und nichts sagen, es sei denn, Ihnen wird eine direkte Frage gestellt.“ Epstein in die Augen zu sehen - absolutes Tabu.
Im Fall von Alessi, der in den 90er-Jahren bei Epstein im Sold stand, funktionierte die Anweisung oft nicht. Zu den Aufgaben des Chauffeurs, der regelmäßig für Epstein junge Frauen zu transportieren hatte, gehörte auch die Reinigung des Massage-Raums, in dem Epstein oft drei Mal am Tag Damen-Besuch empfing. Einmal fand Alessi einen „großen Dildo“, der wie ein Penis „mit zwei Köpfen“ ausgesehen habe. Dazu einen Vibrator. Und ein schwarzes Erotik-Kostüm.
In Jugendcamp angesprochen
Den spektakulären Anfang des weltweit beachteten Prozesses machte eine anonymisiert unter dem Namen „Jane“ firmierende Frau, die heute 41 ist. Sie will als 14-Jährige Anfang der 90er-Jahre von Epstein und Maxwell in einem Jugendcamp für begabte Kinder angesprochen worden sein. Nach wochenlangen vertrauensbildenden Maßnahmen durch Maxwell (lange Gespräche, Kinobesuche, kleine Geschenke etc.) habe Epstein sie in Florida sexuell attackiert.
„Ich erstarrte vor Angst“, sagte die Zeugin im Gerichtssaal 318 des Thurgood Marshall United States Courthouse, „ich hatte noch nie einen Penis gesehen.“ Laut Staatsanwältin Pomerantz begann für „Jane“ damals ein Albtraum, der sich über acht Jahre zog. Unter dem Etikett „Massage“ sei die Minderjährige immer wieder Epstein zugeführt worden, um erzwungenen Sex zu haben. Mehrmals habe Maxwell an den Akten teilgenommen.
Der Prozess soll bis Mitte Januar dauern. Mit Spannung wird erwartet, ob Ghislaine Maxwell selbst doch noch das Wort ergreift und prominente Dritte wie Prinz Andrew – , den Sohn der britischen Königin – belastet, um so Strafmilderung zu erlangen.
Kommentare