Der mysteriöse Tod des Robert Maxwell
Und immer wieder findet der Name Maxwell in die Schlagzeilen. Im 20. Jahrhundert war es der Medientycoon Robert Maxwell, der drauf und dran war, der weltweit mächtigste Zeitungsverleger zu werden, jedoch auf mysteriöse, bis heute nicht restlos geklärte Weise ums Leben kam. Nun ist es seine Tochter Ghislaine Maxwell, die in den USA vor Gericht steht, weil sie dem Investmentbanker Jeffrey Epstein minderjährige Mädchen zuspielte, die dieser und seine Freunde – darunter Prinz Andrew von Großbritannien – missbraucht haben sollen.
Neunfacher Vater
Robert Maxwell, zeitweise einer der reichsten Männer Englands, hatte neun Kinder – Ghislaine war seine Lieblingstochter und gehörte seinem engsten privaten und beruflichen Kreis an. Den Namen seiner Tochter trug auch die Yacht, von der er vor genau 30 Jahren über Bord ging und starb.
Der Verleger hatte ganz klein, als Flüchtling ohne einen Cent in der Tasche, angefangen und es zum Milliardär gebracht. Allerdings, wie wir heute wissen, auf nicht immer ganz saubere Weise.
Er konnte neun Sprachen
Robert Maxwell kam 1923 in einem tschechoslowakischen Bergdorf als Ján Ludvik Hoch zur Welt. Seine Eltern waren orthodoxe Juden und so arm, dass ihr Sohn erst mit sechs Jahren sein erstes Paar Schuhe bekam. Er besuchte nur drei Jahre eine Schule, beherrschte aber neun Sprachen. Seine Eltern, seine vier Geschwister und andere Familienmitglieder wurden im Holocaust ermordet. Ihm gelang als 17-Jährigem die Flucht ins Königreich Großbritannien, für das er nach dem Krieg als Presseoffizier der Militärregierung im besetzten Berlin arbeitete.
In dieser Position knüpfte er Kontakte zur Verlagsbranche und erwarb 1951 mit Krediten seinen ersten Verlag, der zur Basis für sein Pergamon-Press-Imperium wurde. Mit den Gewinnen kaufte er einige der größten Boulevardzeitungen der Welt, darunter den britischen Daily Mirror und die New York Daily News, er gründete aber auch das Wochenblatt The European, für das er Peter Ustinov als ständigen Kolumnisten gewinnen konnte.
Neben Zeitungen erwarb Maxwell Druckereien, Fußballvereine, Fernsehsender und 1988 für 2,6 Milliarden US-Dollar einen weiteren Verlag. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs erreichte der Maxwell-Konzern durch Investitionen in Osteuropa mit weltweit 400 Firmen seine größte Ausdehnung. Jedoch hatte er sich dafür mit mehreren Milliarden verschuldet.
Lange führte der „linke“ Robert Maxwell – er war sechs Jahre Abgeordneter der Labour Party im britischen Parlament – einen gnadenlosen Kampf gegen seinen konservativen Verlagskonkurrenten Rupert Murdoch, in dem es darum ging, wer das größte Medienimperium der Welt besitzen würde. Es war ein Kampf, den letztlich Murdoch mit Zeitungen wie Times, Sunday Times, The Sun, Wall Street Journal, den Fernsehsendern Fox News, Sky und dem Filmstudio 20th Century Fox gewinnen sollte. Der englische Bestsellerautor Jeffrey Archer nahm den Machtkampf der beiden Mediengiganten als Vorlage für seinen Roman „Imperium“.
Zuletzt gesehen
Maxwell war seit 1945 mit seiner Frau Betty verheiratet, die ihr Leben der Erforschung des Holocaust widmete und mit 60 Jahren noch ein Doktoratsstudium abschloss. Ghislaine war das jüngste der gemeinsamen Kinder.
Am 5. November 1991 wurde Robert Maxwell gegen halb fünf Uhr früh zum letzten Mal lebend gesehen – von einem Crewmitglied an Deck seiner 15 Millionen Pfund teuren Yacht „Lady Ghislaine“. Um elf Uhr wurde der 68-Jährige als abgängig gemeldet. Tatsächlich entdeckte ein Fischer am selben Tag noch den leblosen Körper des 120-Kilo-Mannes im Atlantischen Ozean, unweit von Teneriffa.
Die ganze Welt fragte sich damals: War es Mord? War es Suizid? War es ein Unfall? Oder ein natürlicher Tod?
Die Obduktion des Leichnams ergab, dass Robert Maxwell einem Herzinfarkt erlegen war. Doch blieb die Frage offen, ob er als Folge des Infarkts über die Reling gestürzt war oder ob das Herz durch einen Sturz ins eiskalte Wasser versagt hatte.
Bald tauchten Spekulationen um einen Suizid auf, als bekannt wurde, dass Maxwell wenige Monate vor seinem Tod beim Schweizer Bankverein einen Kredit über 56 Millionen Pfund aufgenommen hatte, und dass die von ihm angegebenen Sicherheiten nicht existierten. Die Bank setzte ihm deshalb eine Frist: Sollten die Schulden nicht bis zum 5. November 1991 beglichen sein, würde man vor Gericht gehen. Und der 5. November 1991 war der Tag, an dem Robert Maxwell starb.
Die Mordtheorie
Weitere Gerüchte besagten, er sei von arabischen Terroristen ermordet worden oder vom israelischen Geheimdienst Mossad, für den er angeblich gearbeitet hatte. Sämtliche Verschwörungs- und sonstigen Theorien wurden in Romanen und Biografien aufgearbeitet. Geklärt wurde sein Tod nie.
Robert Maxwells Witwe beteuerte in ihren Memoiren, dass ihr Mann nicht das „Monster“ gewesen sei, als das er oft hingestellt wurde. Ja, er war ein Tyrann, er war eitel, untreu, und er schikanierte seine Mitarbeiter. Aber er hatte auch eine andere Seite, lieferte 30 Tonnen Lebensmittel an die hungernden Menschen in Äthiopien. Und half, dass 300.000 Juden die Ausreise aus der Sowjetunion ermöglicht wurde.
Pensionsfonds geleert
Endgültig ruiniert war sein Ruf jedoch, als nach seinem Tod bekannt wurde, dass Maxwell zur Begleichung von Schulden rund 460 Millionen Pfund aus dem Pensionsfonds seiner Mitarbeiter geplündert hatte, um sein vor dem Zusammenbruch stehendes Imperium zu retten. Der Staat musste einspringen, um wenigstens einen Teil der Altersvorsorgen zu gewährleisten.
Und jetzt die Tochter
Nun ist Robert Maxwells Tochter Ghislaine wegen schwerer Verbrechen angeklagt. Mit Jeffrey Epstein kam wieder ein umstrittener, für sie wichtiger Mann ums Leben. Auch für seinen Tod in einer New Yorker Gefängniszelle kursieren etliche Verschwörungstheorien. Gerichtsmedizin, US-Justizministerium und FBI stellten in diesem Fall jedoch klar, dass es zweifelsfrei Suizid war.
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