Schülerin begrapscht: Freispruch für Hausmeister, weil es "nur" Sekunden dauerte

Schülerin begrapscht: Freispruch für Hausmeister, weil es "nur" Sekunden dauerte
Ist ein Grapsch-Vorfall nicht so schlimm, wenn er kurz dauert? Ein italienisches Gericht sah das so, in sozialen Netzwerken gibt es Protest dagegen.

„Ein Schulsystem, das schützen sollte und stattdessen vernichtet. Zehn Sekunden, die zu einem Leben voller Albträume, Unsicherheiten, Angst und Misstrauen werden“, lautet ein Text der Italienerin Camilla auf Instagram. Darüber veröffentlichte sie ein Video, auf dem sie starr in die Kamera blickt und sich kaum bewegt. Auf ihrer linken Brust liegt eine Männerhand, die zudrückt.

Die Aufnahme dauert zehn Sekunden. Ungefähr so lange dürfte ein Grapsch-Vorfall in einem Gymnasium in Rom im Frühling 2022 gedauert haben. Eine 17-jährige Schülerin ging mit einer Freundin eine Treppe zum Unterricht hoch, als sie von hinten plötzlich eine Hand in ihrer Hose spürte. Der 66-jährige Schulhausmeister berührte ihren Po und griff nach ihrer Unterwäsche. Als sie sich umdrehte, sagte er: „Du weißt doch, dass das ein Scherz war."

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Die Schülerin zeigte den Mann an. Er gab zu, die junge Frau ohne deren Zustimmung begrapscht zu haben, sagte jedoch erneut, es sei nur ein Scherz gewesen.

Laut Gericht keine sexuelle Nötigung

Die Staatsanwaltschaft forderte dreieinhalb Jahre Haft für den Hausmeister. Diese Woche aber wurde er vom Vorwurf der sexuellen Nötigung freigesprochen. Laut den Richtern kann es sich bei dem Vorfall nicht um ein Verbrechen gehandelt haben, weil er weniger als zehn Sekunden dauerte.

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Seit dem Urteil trendet in Italien der Hashtag #10secondi. Darunter teilen Nutzerinnen wie Camilla Videos, in denen sie ein palpata breve (dt. kurzes Begrapschen) zeigen: Sie berühren intime Stellen zehn Sekunden lang entweder selbst oder lassen sie von jemand anderen berühren. Auch Männer und Promis machen den Trend mit.

Sich diese Clips anzuschauen, ist unangenehm. Und genau darauf zielen sie ab – die Aufnahmen sollen zeigen, wie lange zehn Sekunden sein können.

"Für mich war es kein Scherz"

Die 17-jährige Schülerin fühlt sich nach dem Urteil betrogen, sagte sie der Zeitung Corriere della Sera: „Die Richter sehen das als einen Scherz? Für mich war es kein Scherz.“ Sie habe die Hände des Mannes sehr deutlich gespürt.

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Instagram-Nutzerin Camilla stellt sich ihr 15-jähriges Ich im Gymnasium vor. Und teilt unter dem Video ihre Gedanken, die in Italien wohl gerade mehrere junge Frauen haben dürften: „Was wäre, wenn mir das passiert?“

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