"Hungersekte" in Kenia: Mehr als 200 Tote gefunden

"Hungersekte" in Kenia: Mehr als 200 Tote gefunden
Ein Sekten-Guru soll seine Anhänger aufgefordert haben, sich zu Tode zu hungern. In der Hoffnung, Jesus zu finden, folgten Hunderte seinem Ruf.

Am 13. April erhalten die Behörden in Malindi, einer Stadt in Kenia, mit rund 120.000 Einwohnern an der Küste des Indischen Ozeans gelegen, einen Hinweis: Anhänger eines örtlichen Pastors würden sich in einem Waldgebiet zu Tode hungern, in der Hoffnung, "Jesus zu treffen".

Am Tag darauf findet die Polizei 15 hungernde Menschen in einer abgelegenen Siedlung in dem Wald: sechs von ihnen in einem kritischen Zustand, vier Menschen sterben bei den Rettungsmaßnahmen. 

➤ Mehr dazu: Mindestens 95 Tote durch Sektenkult in Kenia

Nun beginnt die Polizei, das Waldgebiet nach weiteren Personen, Leichen, eventuellen Gräbern zu durchkämmen. Mehr als drei Quadratkilometer Waldgebiet werden zum Tatort, abgesperrt, gesichert, durchsucht.

210 Leichen hat man bis dato gefunden. Wie viele Menschen der Sekte tatsächlich zum Opfer fielen, darüber kann weiterhin nur spekuliert werden. 610 Sektenmitglieder gelten aktuell als vermisst.

Von den obduzierten Leichen ist eine Vielzahl, der größte Teil, verhungert. Doch werden auch Kinderleichen gefunden. Ihr Tod ist mitunter auch auf stumpfe Gewaltanwendung zurückzuführen, andere sollen erstickt sein.

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"Hungersekte" in Kenia: Mehr als 200 Tote gefunden

Als Sektenführer wurde der freikirchliche Pastor Paul Mackenzie aus Malindi festgenommen, er sitzt in Untersuchungshaft. Ein Antrag auf Freilassung auf Kaution ist gescheitert. Mit ihm wurden 25 weitere Verdächtige verhaftet.

Der ehemalige Taxifahrer Mackenzie, der seine Kirche "Good News International Church" bereits 2003 gegründet hatte, fiel schon in der Vergangenheit mit radikalen Ansichten auf, stand mehrfach vor Gericht. Zuletzt wurde er im März verhaftet, dann aber auf Kaution freigelassen.

"Hungersekte" in Kenia: Mehr als 200 Tote gefunden

Pastor Paul Mackenzie

Mackenzie soll die Gläubigen aufgefordert haben, sich zu Tode zu hungern, um so Jesus nahe zu sein. Die Anhänger folgen ihrem Guru gehorsam, brechen den Kontakt zu ihren Angehörigen ab, kündigen ihre Job bzw. erscheinen nicht mehr zur Arbeit. 

Die Kinder schicken sie nicht mehr zur Schule. Außenstehende bekamen daher kaum etwas davon mit, was in dem Wald vor sich ging.

Leichenhalle voll: Rotes Kreuz stellt Kühlcontainer auf

Angesichts der hohen Zahl der Toten sind die Kapazitäten in der Leichenhalle des örtlichen Krankenhauses längst erschöpft. Das kenianische Rote Kreuz hatte einen Kühlcontainer in die Region gebracht, in dem die Toten zunächst gelagert werden können.

Bisher wurden von 93 Leichen DNA-Proben zur Identifizierung genommen. Außerdem konnten die sterblichen Überreste von 14 Sektenopfern ihren Familien zur Bestattung übergeben werden, sagte die regionale Behördenchefin Rhoda Onyancha.

"Hungersekte" in Kenia: Mehr als 200 Tote gefunden

Shakahola Massaker

In der kenianische Öffentlichkeit wird der Fall mittlerweile als "Shakahola Massaker" bezeichnet. Er hat auch eine Diskussion über strengere Regeln und Mindeststandards für die Registrierung religiöser Gemeinschaften in Gang gesetzt.

Eine Kommission im Auftrag der Regierung soll innerhalb der nächsten sechs Monate Empfehlungen ausarbeiten. Dabei soll es darum gehen, die Entwicklung von fragwürdigen Sekten ebenso zu unterbinden wie die Verbreitung von religiösem Extremismus.

Der kenianische Präsident William Ruto hat im Zusammenhang mit einer "Hungersekte" in der Küstenregion des Landes von Behördenversagen gesprochen und sich entschuldigt. 

"Ich übernehme als Präsident Verantwortung. Das hätte nicht geschehen dürfen", sagte Ruto. 
Einige derjenigen, die für das Versagen der Behörden verantwortlich seien, würden zur Rechenschaft gezogen.

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