In diesem EU-Land gibt es jetzt keine Hausübungen mehr

Schüler in einer Volksschule in Warschau
Seit April sind polnische Volksschulkinder von allen schriftlichen Hausaufgaben befreit. Nicht alle Eltern sind begeistert.

Mit Tränen in den Augen bat ein elfjähriger Bub im Wahlkampf vergangenen Herbst den damaligen Oppositionsführer Donald Tusk: "Die vielen Hausübungen, soviel lernen für die Tests am Montag", nie habe er genug Zeit zum Spielen. Das rührte den späteren Wahlsieger und nunmehrigen Regierungschef. Er gab den Auftrag ans Bildungsministerium in Warschau, den Lehrplan zu überprüfen.

Fazit: Die polnischen Schülerinnen und Schüler haben im Vergleich zu anderen OECD-Staaten tatsächlich mehr Hausaufgaben zu bewältigen. Im Schnitt müssen sie bis zu 1,7 Stunden Hausübungen jeden Tag erledigen - in den anderen OECD-Staaten sind es maximal 1,5 Stunden.

Und so kam die Order, neben anderen Reformen des Unterrichtssystems: Seit Monatsbeginn gibt es keine Hausübungen mehr für die Kleinen. Zumindest nichts Schriftliches mehr, nur noch das kleine Einmaleins und Gedichte dürfen daheim geübt werden.

In den höheren Klassen, also von der 5. bis zu 8. Schulstufe, können Lehrer Hausaufgaben geben, aber die Schüler sind nicht verpflichtet, sie zu erledigen.

Unterrichtsministerin Barbara Nowacka verteidigt die Maßnahme: Schulkinder würden völlig überladen mit zu vielen Hausaufgaben, sagte sie, die "mentale Krise vieler Kinder und Jugendlicher" sei auf diese Überlastung zurückzuführen.

"Knechte Europas"

Nicht alle Lehrer sind begeistert, denn das Schreiben von Buchstaben darf nur noch in der Schule geübt werden. Auch so manche Eltern meldeten Bedenken an: Jetzt sei es noch schwieriger, die Kids vom Handy fern zu halten. 

Und Jarosław Kaczyński, Vorsitzender der ehemaligen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), befürchtet gar, dass das Fehlen von Hausaufgaben junge Polen zu "Knechten Europas" mache und sie zur Faulheit erziehe.

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