Geheimgutachten zu MCI-Neubau: Opposition will Sonderprüfung
Mitte Dezember hat Tirols ÖVP-Landeshauptmann Anton Mattle den Neubau des Management Center Innsbruck (MCI), bei dem das Land der wichtigste Träger ist, mit Verweis auf die angespannte Budgetlage abgesagt. Wie berichtet, hätten sich die Kosten für das Vorhaben angeblich auf 250 Millionen Euro oder sogar mehr belaufen.
Dass Mattle ein beauftragtes Gutachten nicht mehr abgewartet hat, mit dem der kürzlich als Hochbau-Landesrat abgetretene Georg Dornauer (SPÖ) eine möglicherweise budgetschonende Alternative ausloten wollte, hat erstaunt.
Geprüft werden sollte, ob die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) "sich vorstellen können, diesen Bau für uns zu errichten", so Dornauer vergangenen Juli im Tiroler Landtag.
Ein rechtlich gangbarer Weg
Ein Vergaberechtsexperte sollte klären, ob das Unternehmen der Republik das Vorhaben ohne erneute Ausschreibung übernehmen hätte können. Das geheim gehaltene Papier liegt dem KURIER vor und kommt wie berichtet zum Schluss: Diese Variante wäre im Zuge einer "öffentlich-öffentlichen Kooperation" rechtlich möglich gewesen.
Das Gutachten datiert auf den 16. Dezember. Drei Tage zuvor hatte Mattle den Schlussstrich unter das größte Hochbauprojekt des Landes gezogen, das die Politik schon seit Jahren beschäftigt. Inzwischen sind zwei Anläufe - mit jeweils eigenen Architektenentwürfen - gescheitert. Rund 13 Millionen Euro an Steuergeld wurden verbrannt.
Der KURIER-Bericht über den Inhalt des Gutachtens, das keine Hürden für eine Übernahme des Vorhabens durch die BIG sieht, schlägt nun Wellen.
Opposition will Landesrechnungshof einschalten
FPÖ-Chef Markus Abwerzger, Klubchef der größten Oppositionspartei im Landtag, ortet einen "Riesensündenfall der schwarz-roten Landesregierung".
Für ihn sei nun klar, "warum sich die Regierung mit Händen und Füßen gewehrt hat, das Gutachten öffentlich zu machen. Das ist ein Dammbruch." Für Abwerzger führt nun "kein Weg mehr an einer Sonderprüfung des Landesrechnungshofs vorbei."
Er will nun Gespräch mit den anderen Oppositionsparteien für eine entsprechende Beauftragung der Kontrollinstanz aufnehmen.
Für die Grünen steht bereits fest: "Eine Sonderprüfung des Rechnungshofs ist unverzichtbar", heißt es am Samstag in einer Aussendung.
„Die Landesregierung hat erneut getäuscht und verdeckt", so die Grüne-Landtagsabgeordnete Zeliha Arslan. "Statt die Chance auf eine landesbudgetschonende Realisierung zu nutzen, wurde dieses entscheidende Gutachten bewusst zurückgehalten und stattdessen der MCI-Neubau zu Grabe getragen“, ärgert sie sich.
"Zig Millionen an Planungskosten"
Arslans Fazit: "Es wurden zig Millionen an Planungskosten investiert und dazu auch noch 16.000 Beratungsstunden verrechnet, und jetzt, da eine Lösung mit der Bundesimmobiliengesellschaft BIG – die die Landesregierung selbst forciert hat – näher rückte, wurde mit der Abrissbirne einfach alles beendet."
Das MCI sei "ein Desaster auf allen Ebenen für die ÖVP und auch die SPÖ.“ Für die Grüne stellt sich nun die Frage: „Wer hat von dieser politischen Selbstbeschäftigung finanziell profitiert?“ Diese und weitere Fragen müssten in einer Sonderprüfung des Landesrechnungshofs geprüft werden.
"Alle im Land verarscht"
Dass es eine solche braucht, steht auch für Markus Sint, Klubobmann der Liste Fritz, außer Frage: "Die wird es geben. Und was danach noch kommt, wird man noch schauen." Für ihn "steht auch der Verdacht im Raum, dass der Landeshauptmann alle im Land verarscht hat", formuliert der empörte Oppositionspolitiker deftig.
Wenn man als ÖVP oder Landesregierung diesen Neubau nicht wolle, dann soll man es sagen.
"Aber dass man ein Gutachten in Auftrag gibt, das vermutlich tausende Euro gekostet hat, und es dann nicht abwartet, das geht nicht", kritisiert Sint, der nun erneut ein Ende das Versteckspiels fordert: "Aber das passt ins Bild dieser ganzen MCI-Geschichte. Das Gutachten ist zu veröffentlichen. Und auch die Kosten dafür."
Auch Neos fordern Aufklärung
"Eine Sonderprüfung durch den Landesrechnungshof ist das Mindeste, denn eine Aufarbeitung der gesamten Causa ist dringender nötig denn je. Das zurückgehaltene Gutachten ist nur eines von vielen fragwürdigen ‚Highlights‘ beim MCI Neubau“, so Neos-Landtagsabgeordnete Susanna Riedlsperger.
„Wieso hat LH Mattle nur wenige Tage bevor das ‚BIG-Gutachten‘ zumindest der Landesregierung vorlag, den MCI Neubau eingestampft? Warum wollte man diese lang erwartete und medial groß angekündigte Einschätzung von Experten nicht mehr abwarten?", will sie wissen und mutmaßt:
„Offenbar fiel das Gutachten nicht so negativ aus, wie die teuren Rechtsberater der Landesregierung sich das vorgestellt haben. Da stellt man sich die Frage, ob nicht genau deshalb versucht wurde, das Gutachten einfach totzuschweigen."
Fassungslos zeigt sich auch ihr Parteikollege Julian Pfurtscheller, Vorsitzender der ÖH am MCI: "Die Landesregierung hat sich also aktiv für die Verschwendung von Millionen an Steuergeldern und eine schlechtere Studienqualität entschieden, anstatt ein umsetzbares Projekt weiterzuverfolgen. Das positive Gutachten war da, der Wille offenbar nicht.“
Für ihn stellt sich der Stopp des MCI-Neubaus als eine "gleichermaßen falsche wie katastrophale, und wie das BIG-Gutachten nun zeigt, auch offenkundig unnötige Entscheidung" dar. "Wir werden den Kampf für eine dringendst benötigte Infrastruktur intensivieren, und weitere Maßnahmen erwägen“, so Pfurtscheller im Namen der ÖH.
... und so reagiert die Landesregierung
Das Büro Mattles teilte unterdessen am Samstag der APA mit, dass sich an der Entscheidung des Landeschefs, “eine kostengünstigere Sanierung anstatt einen Neubau zu forcieren, nichts geändert hat." Hinsichtlich des Gutachtens hieß es, dass eine “öffentlich-öffentlich Kooperation" nicht den ursprünglichen Überlegungen des Landes entspreche, “das gesamte Bauherrenrisiko sowie die Finanzierung in die Hände der BIG zu geben."
Darüber hinaus gelte: “Die angespannte Budgetsituation bei Land und Gemeinden ist unverändert."
SPÖ-Landeshauptmannstellvertreter Philip Wohlgemuth, Nachfolger Dornauers als Hochbaurefernt, wiederum ließ auf APA-Anfrage wissen, dass man zur “Entscheidung, von einem MCI-Neubau abzusehen und stattdessen raschestmöglich Modernisierung und Ausbau der bestehenden Standorte anzugehen", stehe.
Es gehe nun um eine "kostenschonende, effiziente Variante." “Die hohen Kosten für den Neubau wären in den kommenden Jahren und angesichts der großen Herausforderungen, vor denen wir stehen, nicht zu verantworten", erklärte Wohlgemuth.
Man brauche stattdessen “jeden Euro" für die Weiterentwicklung Tirols in anderen, wichtigen Bereichen - ob beim Wohnen, auf dem Arbeitsmarkt und beim Ausbau der Kinderbildung und -betreuung.
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