Sieben Jahre Haft für 65-jährigen Internet-Betrüger in Graz

Hände tippen eine Beschwerde in einen Laptop
Gebürtiger Tunesier trotz Verurteilung auf freiem Fuß, weil er bereits fünf Jahre in Untersuchungshaft gesessen war.

Im Grazer Straflandesgericht ist am Mittwoch ein Prozess um einen umfangreichen Internet-Betrug zu Ende gegangen. Der 65-jährige Angeklagte wurde zu sieben Jahre Haft wegen Beteiligung an schwerem gewerbsmäßigen Betrug verurteilt. Vom Vorwurf der Geldwäscherei wurde er freigesprochen. 

Neue Verhandlung

Das Verfahren musste zum Teil wiederholt werden, eine Verurteilung wegen krimineller Vereinigung ist bereits rechtskräftig und wurde in die Strafe eingerechnet.

Der gebürtige Tunesier war bereits fünf Jahre in Untersuchungshaft gesessen, mittlerweile ist er auf freiem Fuß. „Was machen Sie jetzt den ganzen Tag?“, fragte die Richterin. „Ich bin von 8 bis 13 Uhr in einem Talmud-Zentrum und betreibe Talmud-Studien“ gab der Befragte, der zuletzt in Israel lebte, an. „Wovon leben Sie?“ wollte die Vorsitzende wissen. „Meine Frau schickt mir Geld“, erklärte der Angeklagte.

Das Urteil in Bezug auf die kriminelle Vereinigung wurde rechtskräftig, die beiden anderen Punkte mussten neu verhandelt werden.

2012 war eine neue Betrugsmasche aufgekommen, der sogenannte „CEO-Fraud“. Das Prinzip war immer dasselbe: Der Finanzverantwortliche einer Firma bekommt ein Mail, das angeblich vom Chef persönlich stammt und in dem um strenge Geheimhaltung ersucht wird. Der Mitarbeiter erhält den Auftrag, Geld für angebliche Unternehmensankäufe zu überweisen. 

56 Millionen Euro Schaden

Über den Deal dürfe innerhalb der Firma nicht gesprochen werden. Der Trick funktionierte gar nicht so selten, so wurden beispielsweise beim Flugzeugzulieferer FACC AG fast 53 Millionen von den Betrügern abgezogen. Der Gesamtschaden wurde seitens der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft mit 56 Millionen Euro beziffert.

Der Beschuldigte soll im Hintergrund agiert haben. Er gründete Firmen, auf deren Konten das Geld geflossen ist, bis man den Verlauf nicht mehr nachvollziehen konnte. Außerdem betrieb er eine „Fälscherwerkstatt“, in der alle nötigen Dokumente, Stempel und Urkunden hergestellt wurden. Der Verteidiger betonte mehrfach, dass dem Beschuldigten „kein Cent zugeflossen ist“. Sein Mandant zog es allerdings vor, bei der zweiten Auflage des Prozesses weitgehend zu schweigen.

Vorwürfe der Verteidigung

Auch die französischen Behörden sind an dem 65-Jährigen interessiert, über den Auslieferungsantrag wurde aber noch nicht entschieden. Der Verteidiger führte aus, dass sein Mandant in Israel einvernommen wurde, wo weder ein zertifizierter Dolmetscher noch ein Anwalt dabei gewesen wären. Er sah das als „gravierende Missachtung der Rechte des Angeklagten“.

Der 65-Jährige wurde wegen Beihilfe zu schwerem gewerbsmäßigen Betrug verurteilt, auch der Schuldspruch bezüglich krimineller Vereinigung floss in die Strafe ein. Insgesamt wurden es nun zu sieben - statt wie vorher neun - Jahre Haft verurteilt. 

Bedingte Entlassung

Es erfolgte auch ein Beschluss auf bedingte Entlassung nach mehr als zwei Drittel der Strafe, sollte das Urteil rechtskräftig werden. Da der Angeklagte bereits fünf Jahr ein Untersuchungshaft verbracht hat, hätte er dann seine Strafe verbüßt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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