Wiens Schanigarten-Modell ohne Nachahmer
Gastroinseln in jedem Bezirk, Schanigärten auf öffentlichen Plätzen: Damit versucht der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), den unter der Corona-Dauersperrstunde leidenden Lokalbetreibern zu helfen. Sie hoffen ja darauf, ab 27. März Kundschaft zumindest im Freien wieder bewirten zu dürfen.
Mitstreiter fernab der Bundeshauptstadt findet Ludwig aber vorerst keine.
Der Grazer Stadtchef Siegfried Nagl (ÖVP) winkt bereits ab: „Das Wiener Modell ist nichts für uns“, legt sich der Bürgermeister fest, wie ein Sprecher am Freitag versicherte. Das habe zwei Ursachen: Erstens stehe die steirische Landeshauptstadt heuer unter dem Motto „Bewegung“, das „Let’s go“-Sportjahr nehme einiges an öffentlichem Raum in Beschlag.
Zweitens - und das dürfte wohl der gewichtigere Grund sein - lag die Grazer Politik mit einer ähnlichen Idee schon im Vorjahr gehörig daneben. Auf dem Karmeliterplatz wurde im Juli 2020 mit „Summer in the City“ eine Partymeile eingerichtet, die von einigen wenigen Gastronomen bespielt wurde. Diese Aktion sollte als Ersatz für die bis heute geschlossene Nachtgastronomie dienen und ist grandios gefloppt: Erst stemmten sich Anrainer, KPÖ und Grüne dagegen, schließlich reagierten auch jene Wirte verschnupft, die nicht zum Zug kamen.
Rund 300 Ansuchen
Die Grazer ÖVP-FPÖ-Koalition ist also heuer für solche Aktionen nicht zu haben, auch nicht für Gastgärten im öffentlichen Raum, damit geht sie d’accord mit der ressortzuständigen KPÖ-Stadträtin Elke Kahr. Stattdessen setzt Graz auf die Errichtung von Gastgärten direkt bei Lokalen, wo immer möglich. Laut Straßenamt wird heuer mit etwa 300 Gastgärten gerechnet, von denen aktuell 80 Prozent genehmigt sind.
Gebühren müssen jene Gastronomen, deren Schanigärten auf öffentlichem Grund stehen, nicht entrichten, davon wurden sie bis Ende Juli befreit, vorerst: Kahr schließt je nach Entwicklung der Corona-Lage auch eine Verlängerung nicht aus.
Zwei Drittel der Grazer Gastgärten fallen unter diese Regelung. „Wenn die Gastronomie wieder aufsperren darf und es die Umstände zulassen, sollte man den Neustart so gut wie möglich unterstützen“, begründet Kahr. Ursprünglich sollte die Gebührenbefreiung Ende März auslaufen.
Größere Gastgärten
Auch in Salzburg wird es wohl keine von der Stadt bereitgestellten Gastgärten wie in Wien geben. Die Stadt will den Gastronomen dennoch helfen, wo sie kann, kündigt Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) an. „Bestehende Gastgärten zu erweitern wird kein Problem sein, wenn die Gehsteige frei bleiben“, sagt Preuner.
Dazu gebe es im Bereich des Grünmarktes am Universitätsplatz auch schon erste Anfragen von Unternehmern. „Da kommen wir zwar ins Marktgebiet, das sollte aber kein Problem sein, und kann vielleicht auch den Markt beleben“, meint Preuner. Das sei aber auch erst spruchreif, wenn es die Infektionszahlen hergeben, und die Bundesregierung die Öffnung tatsächlich erlaubt. Die nächsten Gespräche in großer Runde, bei der auch über die Gastgarten-Öffnung entschieden wird, gibt es am Montag in Wien.
Die Gastgarten-Gebühren werden den Salzburger Wirten jedenfalls bis auf Weiteres erlassen, sobald geöffnet werden darf. Von der Stadt bereitgestellte Infrastruktur auf öffentlichen Plätzen wird es aber wohl nicht geben. „Da fehlt mir die Fantasie, wie das funktionieren soll. Die Frage ist auch, wer das in Anspruch nehmen soll“, erklärt der Bürgermeister.
Denn sollte die Öffnung alleine für Outdoor-Bereiche kommen, hält sich die Begeisterung der Gastronomen in Grenzen. „Die Euphorie bei den Wirten ist enden wollend“, sagt Preuner. „Irgendwann wird es wieder wärmer, aber bei Schlechtwetter will sich niemand in den Gastgarten setzen.“
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