Ende Legende: Die alten roten Straßenbahnen stehen vor dem Aus
Nostalgische Tramwayfans aus halb Europa kommen derzeit nach Wien, um noch ein letztes Mal mit einer alten, roten Wiener Straßenbahn zu fahren. Denn die ab 1959 eingeführte E-Klasse wird gerade Zug um Zug ausgemustert, allein heuer war bereits eine Reparatur bei einem knappen Dutzend Garnituren nicht mehr sinnvoll. Das alles führt auch zum Ende der Hochflurära, denn nach der letzten Fahrt einer dieser alten Bims stehen nur mehr Niederflur-Fahrzeuge bereit.
Wann das genau passiert, können die Wiener Linien noch nicht sagen. Im westlichen Teil der Stadt fahren sie jedenfalls seit einigen Wochen gar nicht mehr. Eingesetzt werden sie nur noch auf einem Drittel der Linien und selbst dort vielfach lediglich in der Frühspitze oder als Ersatzzüge. Insgesamt sind nur noch rund 80 Straßenbahnen vom Typ E2 im Einsatz. Doch bald einmal ist der Punkt erreicht, wo sich Schulungen und Ersatzteil-Hortung schlichtweg nicht mehr auszahlen.
Gebaut wurde die Type E zwischen 1959 und 1990 in drei verschiedenen Varianten. Die ersten zwei Prototypen erhielten von der Belegschaft die Spitznamen "Emil" und "Edi". Daher bürgerte sich bei der Straßenbahn der Spitzname Emil für die roten Straßenbahnen ein. Doch die ersten Fahrzeuge waren zu schwach motorisiert, weshalb bereits 1966 die weiterentwickelte E1 eingeführt wurde. Ab 1971 waren diese auch schaffnerlos unterwegs. Eigentlich sollten diese Straßenbahnen nur bis 2000 genutzt werden, tatsächlich wurden die letzten zwei erst im Vorjahr ausgemustert. Einige wurden nach Polen, Ungarn und Rumänien abgegeben. Zuvor absolvierte die E-1 auf der Linie 30 von Stammersdorf nach Floridsdorf ihre Abschiedsfahrt.
Nur noch 80 E2-Züge im Einsatz
Aktuell ist nur noch die 1978 eingeführte Version E2 in Wien unterwegs. Die von den Fahrern "Chopper" genannten Züge wurden in einer adaptierten Version auch auf der Stadtbahn beziehungsweise der späteren U6 bis 2009 eingesetzt. Aktuell verkehren die E2 planmäßig noch auf den Linien D, 1, 2, 6, 11, 25, 26, 30, 38 und 71, allerdings ausschließlich an Arbeitstagen. Doch auch hier werden die Einsätze sukzessive reduziert, zuletzt wurde vor einigen Wochen der Betrieb beim 60er eingestellt. Manche Tramwayfahrer kommen nur noch alle paar Monate zu einem entsprechenden Einsatz.
Mehrere Züge waren auch in Unfälle verwickelt. Traurige Berühmtheit erreichte etwa die Garnitur mit der Wagennummer 4025. Diese war gleich zweimal auf der Linie 71 wegen zu hoher Geschwindigkeit an der gleichen Stelle entgleist - und mit den Eckhäusern der Simmeringer Gottschalkgasse kollidiert. Dabei fuhr die Bim auch in eine Bank, es gab einen Toten und 40 Verletzte. Tragisch-kurioses Detail: Die beiden Züge wurden von einem Ehepaar gelenkt.
Von den ursprünglich geplanten 320 Stück der E2 wurde schlussendlich jedenfalls nur ein gutes Drittel gekauft. In den 90er-Jahren gerieten Straßenbahnen aus der Mode, man wollte wegen des U-Bahn-Baus eher Linien und Takte reduzieren. Auch wurde Barrierefreiheit zunehmend ein Thema. Der Anfang vom Ende der E-Klasse war damit eingeläutet.
Wiens Straßenbild wird deshalb nun vor allem von den 332 ULFs geprägt. Die grauen "Ultra Low Floor" werden allerdings seit sieben Jahren nicht mehr gebaut, da sie sehr pannenanfällig sind. Zeitweise war deshalb bis zu einem Viertel der Fahrzeuge nicht betriebsbereit. Intern bekamen sie deshalb Schmähnamen wie "Tupperwarezüge" verpasst.
Aktuell beschaffen die Wiener Linien 119 Flexity-Straßenbahnen, von denen aktuell bereits 75 in Betrieb sein dürften. Diese haben eine Einstiegshöhe von nur mehr 21,5 Zentimetern. Für Behindertenvertreter ist das jedenfalls schon fast zu spät, denn sie kritisierten mehrfach, dass die Umrüstung von Hochflur auf Niederflur bereits fast 30 Jahre dauert.
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