Allerdings hätten sie Pech, weil das Thema, bei der dieses Außen-vor-Lassen augenscheinlich werde, nämlich die Energieversorgung der Bevölkerung, so groß und wichtig sei. Erschwerend komme hinzu, dass sich die Pinken Transparenz und saubere Politik auf die Fahnen geheftet haben, sagt Politikberater Thomas Hofer. All das, was jetzt am Prüfstand steht.
"Ein schwacher Trumpf"
Dass man dadurch in der Öffentlichkeit entschieden gegen die SPÖ auftreten müsse, heiße aber noch lange nicht, dass die Koalition scheitern wird. "Als kleiner Koalitionspartner hat man nur einen einzigen Trumpf in der Hand, nämlich das Drohen mit dem Auflösen der Koalition", erklärt Filzmaier. "In diesem Fall ist das aber nur ein sehr schwacher Trumpf."
Der Grund: Selbst wenn die Neos die Koalition beenden würden, heißt das noch nicht, dass es zu Neuwahlen kommt. Die Roten könnten sich laut Landesverfassung einen neuen Partner suchen. Und selbst wenn sich keine andere Partei finden würde, würde die "SPÖ nach Wahlen in Wien Erster bleiben und sich die Neos langfristig in die Opposition befördern", so Filzmaier.
Tatsächlich fordern die Neos sowohl in Wien als auch im Bund zwar vehement Aufklärung, aber in Hinblick auf das Arbeitsverhältnis mit der SPÖ gibt man sich noch zurückhaltend. Das Vertrauen "sei zumindest nicht gestärkt", sagte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger am Rande eine Pressekonferenz in Tirol. Sogar deutlich kulanter gibt man sich im Büro Wiederkehrs. Zwar bekräftigte man auf KURIER-Nachfrage, mit dem Krisenmanagement der Wien Energie ganz und gar nicht zufrieden zu sein. Doch gleichzeitig wird betont: "Es gibt keine Krise in der Koalition."
"Es brodelt"
Die Pinken würden sich in Wien in einer ähnlichen Situation befinden wie die Grünen in der Bundesregierung, so Hofer. Die Grünen müssten etwa die Chat-Verläufe der ÖVP mittragen, die Neos nun die Intransparenz, um weiter zu regieren. Das sei vor allem eine Belastung an der jeweiligen Parteibasis.
Und diese Belastung dürfte trotz aller gegenteiligen Beteuerungen vorhanden sein. Bei einem Informationstreffen zwischen Landesgeschäftsführer Philipp Kern und Funktionärinnen und Funktionären aus den Bezirken am Dienstag soll Schilderungen zufolge durchaus deutlich Unmut mit dem Koalitionspartner geäußert worden sein. "Es sind alle ziemlich angepisst, bis hinauf zu Christoph (Wiederkehr, Anm.)", so eine Teilnehmerin zum KURIER. Zwar sei auch hier die Koalition nicht infrage gestellt worden, doch: "Es brodelt."
Viele Neos-Mitglieder, darunter der gesamte Rathausklub, wollten am Mittwoch freilich gar nichts zur Causa prima in der Stadt sagen. Sie werden weiterregieren, "aber mit geballter Faust im Hosensack", sagt Hofer.
Es gibt allerdings auch Stimmen in der Partei, die in der Causa die Rolle der ÖVP weit kritischer sehen als jene der SPÖ. Schließlich würden die Schwarzen jetzt alles unternehmen, die missliche Situation der Wien Energie auszuweiden, heißt es.
Nur FPÖ profitiert
Die ganze Situation würde auf Bundesebene allen Parteien schaden, außer der FPÖ, sagt Filzmaier. Denn: "ÖVP und SPÖ haben bisher immer Verluste eingefahren, wenn sie sich eine Schlammschlacht geliefert haben." Und Grün und Pink könnten sich zukünftig beide nicht mehr vorwerfen, dass sie Fehlverhalten des Regierungspartners ohne Konsequenzen toleriert hätten.
Vielleicht könnten die Neos die Krise aber sogar dazu nützen, mehr auf Augenhöhe mit der SPÖ zu agieren, sagt Hofer. Für eine Prognose sei es aber noch zu früh, die Vorkommnisse noch zu neu.
Ob die süße Punschkrapferl-Harmonie doch noch zurückkommt, ist also offen.
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