Wie tausende Long-Covid-Patienten durch das soziale Netz fallen

Man with sleeping problem wake up feeling tiredness
Nur Betroffene bestimmter Berufsgruppen können auf eine Unterstützung hoffen. Für die SPÖ ist das zu wenig.

Long Covid - also die Folgen einer Corona-Erkrankung, die bisher nicht nur wenig erforscht sind, sondern auch in den verschiedensten Varianten auftauchen. Atemnot, Erschöpfung, Kopfschmerzen - die Liste der Symptome ist lang. Ehemalige Corona-Patienten haben oft auch noch Wochen und Monate nach ihrer Infektion Probleme mit den Symptomen.

In Österreich ist man auf diese Langzeitkrankenstände und oft auch Arbeitsunfähigkeit wenig bis gar nicht vorbereitet. "Viele sind schon vom Arbeitsweg so erschöpft, dass sie sich eigentlich hinlegen müssten. Weil sie einfach regelmäßige Pausen bräuchten, die aber an vielen Arbeitsstellen nicht möglich sind", so Neurologe und Long-Covid-Spezialisit Michael Stingl im Ö1-Morgenjournal. Viele Arbeitnehmer versuchen irgendwie weiterzuarbeiten "oder sich mit Homeoffice oder Stundenreduktion über die Long-Covid-Zeit zu retten. Viele schaffen das gerade einfach so. Aber das ist ja kein dauerhaftes Konzept und es gibt viele, die einfach gar nicht mehr arbeitsfähig sind", so Stingl.

Genaue Zahlen, wie viele Österreicherinnen und Österreicher von Long Covid betroffen sind gibt es nicht. Schätzungen zeichnen ein düsteres Bild. Aktuell ginge man davon aus, dass sich 20 Prozent der Bevölkerung in der Omikron-Welle mit dem Virus infizieren würden. Neurologe Stingl: "Wenn wir davon ausgehen, dass zehn Prozent davon Long Covid haben und davon 40 Prozent auch nach sieben Monaten noch mit den Symptomen zu kämpfen haben und nicht arbeitsfähig sind, dann wären das so in etwa 40 bis 50.000 Leute die nicht arbeiten können."

Covid-19 steht zwar in Österreich auf der Liste der Berufskrankheiten, doch nicht alle Berufsgruppen werden davon umfasst. Aktuell sind das beispielsweise nur das Personal in Gesundheitsberufen, Elementarpädagogen und Lehrpersonal. Für den SPÖ-Nationalratsabgeordneten Rudolf Silvan ist das zu wenig weit gefasst, sagt er im Morgenjournal: "Wir sollten uns da an Deutschland anlehnen. Dort sind alle Branchen und Berufsgruppen davon erfasst."

Rund 150.000 Long-Covid-Fälle

Die Allgemeine Unfallversicherung (AUVA) zählt bisher 7.200 Fälle von Long Covid. Also Fälle, die sich im Job angesteckt haben. Sie haben ein Recht auf Therapie, Umschulung und im schlimmsten Fall auch auf Rentenzahlungen. Silvan geht aber aktuell von rund 150.000 Menschen aus, die von Long Covid betroffen sind und "ich glaube, dass sich hier ein Großteil im Beruf angesteckt haben dürfte". Darunter zum Beispiel auch Bauarbeiter, die aktuell aber nicht zu den betroffenen Berufsgruppen zählen.

Und daran wird sich vorerst auch nichts ändern, wie das Gesundheitsministerium bestätigt. Covid-19 als Berufskrankheit auf alle Berufsgruppen auszuweiten sei vorerst nicht geplant, heißt es aus dem Ministerium. Die Begründung sei die Nachweisbarkeit. Zwar könnten Infektionen auch in der Arbeit erfolgen, räumt das Ministerium gegenüber Ö1 ein, eine klare Abgrenzung zum privaten Bereich könne man aber nicht vornehmen.

Für Neurologe Stingl ist ein Sicherheitsnetz dringend notwendig, denn die Betroffenen seien sich selbst überlassen und "ihrer Existenz beraubt".

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