Wie Regionen in Österreich gegen zu viele Touristen vorgehen wollen
Ein Holzzaun gegen die Touristen. Auf diese Idee ist kürzlich die Gemeinde Hallstatt gekommen und brachte einen Sichtschutz an, um den fotografier-freudigen Gästen die Aussicht zu vermiesen. Nach nur wenigen Tagen wurde der Zaun aber wieder abmontiert.
➤ Mehr dazu lesen Sie hier: Hallstatt gegen Selfie-Jäger: Zaun wurde wieder abmontiert
In diesem Artikel geht es um folgende Ortschaften:
- Hallstatt im Salzkammergut
- Grüner See in der Steiermark
- "Friedenskircherl" am Stoderzinken
- Hängebrücke im Nationalpark Zillertaler Alpen
Der Grund: Die Einwohner waren dagegen. „Den Hallstätterinnen und Hallstättern ist die berühmte Ansicht sehr wichtig. Ich habe das zu naiv eingeschätzt“, sagt Bürgermeister Alexander Scheutz (SPÖ).
Hallstatt ist nicht der einzige Ort, der von Touristenmassen überrannt wird. Overtourism und Instagram-Tourismus sind längst keine Fremdwörter mehr. Die Folgen: Florierende Wirtschaft einerseits, Umweltverschmutzung, Lärmbelästigung und Selbstgefährdung der Reisenden andererseits. Und das versuchen die Tourismusorte auf unterschiedliche Weise zu lösen.
Die Gemeinde Tragöß in der Steiermark etwa setzt schon seit Jahren auf einen Maßnahmen-Mix, um den Touristen am Grünen See Einhalt zu gebieten. Nach der Schneeschmelze steigt das Wasser im Frühling hier so hoch, dass Stege und Sitzbänke verschluckt werden. Dadurch entsteht eine mystische Unterwasserwelt, die sogar Ashton Kutscher auf Social Media als „echtes Atlantis“ bezeichnete.
Das "echte Atlantis" in der Steiermark
Schon vorher, seit Ashton Kutschers Posting aber endgültig, zieht es die Massen an den See. Seit 2016 gibt es deshalb ein Tauchverbot, um die Wasserqualität zu bewahren. Und das gilt nach wie vor, sagt Hubert Zinner, Bürgermeister der Gemeinde Tragöß (ÖVP).
➤ Mehr dazu lesen Sie hier: Tauchverbot im Grünen See
Zudem regle man an besucherstarken Tagen den Verkehr. Bis zu 1.000 Autos kämen dann hierher.
Grüner See
Grüner See Schnee
Grüner See
Grüner See Naturschutz
Grüner See
Grüner See
Grüner See
Grüner See
Grüner See
Grüner See
Grüner See
Grüner See
Grüner See
Grüner See
Insgesamt verteile sich der Zustrom mittlerweile aber deutlich besser als noch vor einigen Jahren, sagt Zinner. „Kamen die Touristen früher nur während der Seeschmelze, kommen sie jetzt auch im Sommer zum Wandern oder im Winter zum Langlaufen.“ Zudem soll noch diesen Sommer der Seerundweg so ausgebaut werden, dass er auch mit Rollstühlen und Kinderwägen befahren werden kann, sagt Zinner.
Ein echter Schatz
Auf die kommende Sommersaison bereitet sich auch die Gemeinde Gröbming vor. Das „Friedenskircherl“ am Stoderzinken heimste im vergangenen Jahr den ersten Platz bei der ORF-Sendung „9 Plätze - 9 Schätze“ ein, weshalb nun ein Besucherleitkonzept notwendig wurde.
➤ Mehr dazu lesen Sie hier: Bevor es zu eng wird am Berg: Verkehrskonzept fürs "Friedenskircherl"
In Kraft getreten ist es Mitte Mai, sagt Bürgermeister Thomas Reingruber (SPÖ). Seitdem darf nur noch eine gewisse Zahl an Bussen zufahren, der Stellplatz muss vorab reserviert werden.
Am Berg selbst wurden ein neues Beschilderungssystem, Panoramatafeln, ein neues WC, mehr Parkbänke und eine Ladestation für E-Räder installiert, sagt Reingruber.
Wirklich überraschend kam der Zustrom an Touristen für die Gemeinde aber nicht. "Wir waren schon vor der Sendung ein Tourismusort, sonst hätten wir uns gar nicht erst beworben. Wir fangen bei der Infrastruktur also nicht bei Null an", sagt Reingruber. Manche Dinge seien lediglich verbessert worden.
Bestimmung erfüllt
Das ist auch der Grund, warum die Touristen hier weniger als Fluch und vielmehr als Segen betrachtet werden. "Allein die drei Gasthäuser am Berg würden von uns paar Einheimischen nicht überleben."
Noch dazu kommt, dass das "Friedenskircherl" endlich seine Bestimmung erfüllt: "Das 1902 gebaute Kirchlein wurde mit dem Grund gebaut, mehr Leute zum damaligen Berggasthaus zu locken." Das ist jetzt gelungen.
Eine Hängebrücke als Touristenmagnet
Ins Zillertal in Tirol muss man die Menschen dagegen nicht locken, sie kommen von selbst. Ein Besucherleitkonzept wird deshalb mittlerweile auch hier benötigt. Seit Jahren steigt die Popularität des Parks in den sozialen Medien. Das beliebteste Fotomotiv: die Hängebrücke bei der Olpererhütte mit der atemberaubenden Aussicht auf den Stausee des Schlegeisspeichers. Dabei hängt die Brücke nur einige Meter über dem Boden. Aber der Winkel machts, sagt Willi Seifert, Geschäftsführer vom Nationalpark.
➤ Mehr dazu lesen Sie hier: Instagram-Touristen: #allesfürsperfektefoto
Was auf den Bildern nicht zu sehen ist: Um zur Brücke zu gelangen, ist eine mehrstündige Wanderung notwendig. Viele Menschen kämen, gelockt von dem Fotomotiv, in schlechter Ausrüstung.
Um die Touristen aber zumindest geregelt auf den Berg und wieder hinunter zu bekommen, werden seit heuer die Pkw-Parkplätze kontingentiert und müssen online reserviert werden. Zusätzlich werde der Bus von Juli bis September im Halbstundentakt fahren, sagt Seifert. „Ein Pilotprojekt hat gezeigt, dass durch die neuen Fahrtzeiten 30 Prozent mehr Gäste den Bus nutzen.“ Das Ziel des Nationalparks ist nämlich klar: „Der Verbund hat uns zugesagt, dass ab 2028 keine privaten Autos mit Verbrennermotor mehr auf den Berg fahren werden“, sagt Seifert.
Und wie geht es in Hallstatt weiter? Sichtschutz wird es keinen mehr geben, sagt der Bürgermeister. Stattdessen werden Transparente die Touristen darauf aufmerksam machen, dass hier Menschen leben. Schon kommende Woche sollen die Plakate angebracht werden.
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