Tausende Schnecken im Garten – darüber klagen gerade zur Zeit viele, aber nicht Petra und Werner Zlabinger, die Wirte der Kaminstube in Schwarzenau (NÖ). Sie füttern sie auch noch – und zwar mit allem, was der Garten Eden hergibt und in der Wirtshausküche nicht verarbeitet werden kann.
Die Weinbergschnecken laben sich an welken Salatblättern, Kartoffelschalen und Suppengrün. Sie lassen sich munden, was dem Gast nicht munden würde, bis sie selbst munden.
Vor zwei Jahren haben die Waldviertler Gastronomen mit der Schneckenzucht begonnen. „Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen, ich weiß, wie mühsam die Lebensmittelproduktion ist. Mich hat immer gestört, dass wir so viel wegschmeißen“, erzählt Werner Zlabinger. In einer Restaurantküche falle enorm viel an, was schon ausgeschieden wird, bevor es überhaupt auf den Teller kommt. Seine Lösung: Damit naturbelassene Produkte herstellen, den Lebensmittelkreislauf fortzusetzen.
„So haben wir vor zwei Jahren mit der Schneckenzucht angefangen“, erzählt seine Frau Petra. Ab Herbst werden Schneckengerichte dann auf der Speisekarte des Gasthauses Kaminstube stehen. „Bereits jetzt gibt es sie auf Wunsch, in der Region hat sich dieses Angebot herumgesprochen“, sagt die 48-Jährige.
Liebevolle Zubereitung
Um Profit gehe es hier nicht, versichert der 50-jährige Wirt, sondern: „Ressourcenschonung. Die Schnecken bekommen nur, was übrig bleibt, wir füttern kein Kraftfutter zu oder sonst irgendetwas, nur was übrig bleibt.“ Deshalb dauert es auch länger bis die Weinbergschnecken in der Küche landen. Bei den Französischen etwa 1,5 Jahre – wenn sie nicht naturbelassen aufwachsen würden, wäre es etwa ein Jahr, bei den Einheimischen zwei bis drei Jahre.
Einheimische? – Die sind doch geschützt und dürfen nicht verzehrt werden. „Genau, wir haben am Anfang Schnecken von einem Züchter aus Österreich bekommen. Mittlerweile haben wir aber schon eigene ,Originale Waldviertler Weinbergschnecken‘. Sie sind irrsinnig populationsfreudig – Schnecken sind ja Zwitter“, sagt der Chef.
Leberkäse
Etwa 60 Prozent davon werden durchgebracht und landen als Knödel gefüllt mit Schnecken oder Suppe auf dem Teller bzw. gratiniert in der Pfanne. „Leberkäse haben wir auch schon gemacht“, fügt die Wirtin hinzu.
Während die Zucht mit wenig Aufwand verbunden ist, ist es ein langer Weg, bis die Schnecke zur Delikatesse wird. Sieben bis zehn Tage wird das Tier in Boxen „entlüftet“, dort fällt es in die Trockenstarre – eine Art Tiefschlaf und entleert seine Gedärme – dann kommt es in kochendes Wasser. „Danach können wir sie ausnehmen – und zum Beispiel die Leber verarbeiten – übrig bleibt der Kriechfuß. Der wird dann drei Stunden mit Suppengrün geköchelt“, erläutern die Wirte. Ob diese Mühen von den Gästen geschätzt werden? „Schnecken werden in einigen europäischen Ländern gegessen – früher auch bei uns. Das muss nur wieder in die Köpfe rein. Ich halte das für Zukunftsessen“, ist Zlabinger überzeugt.
Pilz-Schätze
Zukunftsessen, das wächst auch beim Start-up „Rumpel und Pilzchen“. Zunächst im Wald, dann im neu eingerichteten Labor in Tulln, und später auf Abfällen aus landwirtschaftlicher Lebensmittelproduktion in feuchten Kellern.
„Wir sammeln Pilze im Wald, die so selten geworden sind, dass man sie nicht kaufen kann“, erläutert Michael Leitner, einer von fünf „Rumpel und Pilzchen“-Teammitgliedern. Im Labor werden dann „saubere Kulturen“ davon angelegt, damit sie angebaut werden können. Zehn verschiedene Kulturen habe man schon. In Kellern wachsen derzeit zwei davon, die Ende September erntebereit sind: Der Stachelbart und der Klapperschwamm. „Ziemlich feine Gourmetpilze“, betont der 28-Jährige.
Gourmetpilze, mit denen Restaurants direkt beliefert werden sollen.
Das erklärte Ziel des jungen Start-ups neben dem wirtschaftlichen Erfolg: Pilzarten zu fördern, die kurz davor sind endgültig zu verschwinden.
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