Wie die jüngste Bürgermeisterin Politik und Familie vereint
Die fünf Monate alte Lea ist das jüngste Mitglied im Gemeindeamt von Altmünster (Bezirk Gmunden). Auch während des Interviews mit dem KURIER besucht sie Mama Elisabeth Feichtinger (SPÖ) im Büro. Mutterschutz und Karenz gibt es für die Bürgermeisterin keine, trotzdem muss das Kind gestillt werden. Geht es nach Feichtinger, muss sich das dringend ändern: "Wir sind im 21. Jahrhundert. Man wünscht sich mehr junge Frauen in der Politik, aber die Rahmenbedingungen wurden nicht angepasst. Das funktioniert nicht."
"Da fällt ja kein Zacken aus der Krone"
Die 32-Jährige ist die jüngste der insgesamt 178 Bürgermeisterinnen in Österreich. Nur 8,4 Prozent aller 2.096 Gemeinden sind in weiblicher Hand. "Ich wünsche mir mehr Weitblick aller politischer Fraktionen, Frauen in ihren Funktionen zu bestärken. Eine Frau ist immer höflich und zurückhaltend. Aber es ist wichtig, sich zu trauen, eine Funktion anzunehmen. Wenn es nicht passt, kann man im Nachhinein noch absagen, da fällt ja kein Zacken aus der Krone."
Denn besonders junge Frauen hätten es in der Politik immer noch schwerer als manche Männer: "Manchmal werde ich am Gang im Gemeindeamt angesprochen und gefragt, ob die Bürgermeisterin da ist. Da antworte ich ,ja, sie steht vor Ihnen.’ Viele sind dann überrascht, das sind oft Klischees, die in unseren Köpfen verankert sind. Aber man muss sich auf die Füße stellen."
Wie Feichtinger zur jüngsten Bürgermeisterin Österreichs wurde
Feichtinger hat Lehramt studiert und ist quasi in ihren Beruf hineingerutscht. Als sie sah, dass einige ihrer Freunde aufgrund der hohen Grundstückspreise aus der Gemeinde wegzogen, beschloss sie, sich politisch zu engagieren. Mit 21 Jahren zog sie in den Gemeinderat ein, 2014 übernahm sie, ein Jahr vor der Gemeinderatswahl, den Posten des Vizebürgermeisters.
Bei ihrer ersten Wahl 2015 färbte sie das schwarze Altmünster kurzerhand um: In der Stichwahl gegen den amtierenden Bürgermeister Hannes Schobesberger (ÖVP) holte sie 60 Prozent der Stimmen. "Der Wahlkampf war ziemlich spannend: In den letzten Wochen vor der Wahl habe ich Geburtstag gefeiert, geheiratet, über 70 Kuchen gebacken und 4.705 Haushalte bei der Aktion ,Sie kochen Kaffee, ich bringe den Kuchen’ besucht. So habe ich die Menschen kennengelernt", erinnert sich die Ortschefin.
"Ohne Familie wäre das alles nicht möglich"
Neben ihrer fünf Monate alten Tochter hat sie im August letzten Jahres ihre elf und zwölf Jahre alten Großcousinen bei sich zu Hause aufgenommen: "Das war uns eine Herzensangelegenheit." Ihr Ehemann ist seit August in Karenz: "Ohne einer Familie, die hinter dir steht, wäre das alles nicht möglich", gesteht Feichtinger.
Obwohl sie als "Arbeiterin für die Menschen", wie sich Feichtinger bezeichnet, selbst oft zu kurz kommt, übt sie ihren Beruf mit Leidenschaft aus. Der Vorsatz fürs neue Jahr steht schon: "Ein bisschen mehr Zeit für mich. Etwa in der Natur bei meinen Zwergeseln und Schafen, bei der Familie oder beim Schnitzen mit der Motorsäge, das ist mein Hobby." Kaum verwunderlich bei dieser starken Frau.
Bürgermeisterinnen bleiben in der Minderheit
Maria Skazel ist seit sechs Jahren Bürgermeisterin von St. Peter im Sulmtal, einer 1.300-Einwohner-Gemeinde im Bezirk Deutschlandsberg. Sie ist eine von 23 Bürgermeisterinnen in der Steiermark und gibt ganz offen zu: Sie hätte eigentlich gar nicht Ortschefin werden sollen.
"Es war ein Mann vorgesehen", erinnert sich die ÖVP-Politikerin. Als der aufgrund familiärer und beruflicher Verpflichtungen abwinkte, hieß es in der Gemeinde schon bald, "das kann dann nur die Maria machen", schmunzelt die 50-Jährige. Die Maria machte, übernahm 2013 und fuhr bei den Gemeinderatswahlen 2015 gleich einmal ein gehöriges Plus für ihre Fraktion ein – die ÖVP hat in St. Peter seither zwölf der 15 Gemeinderatssitze.
Bürgermeisterinnen sind in Österreich eine Minderheit. Und daran dürfte sich bei den kommenden Gemeinderatswahlen in NÖ (26. Jänner), in Vorarlberg (15. März) und der Steiermark (22. März) wenig ändern. Frauen für die Politik zu gewinnen, ist schwierig.
"Wir Frauen ticken anders"
"Ich schau, wer hat Interesse, den Ort zu gestalten?", erklärt Skazel. "So kriegst du Frauen dazu, mitzumachen, viele brauchen ein unterschwelliges Angebot. Wir Frauen ticken anders."
Wo ein Mann locker zusage, würde eine Frau sich gerne vorab informieren, was auf sie zukomme. "Frauen fragen immer zuerst: Kann ich das?", weiß auch Angelika Schwarzmann, ÖVP-Bürgermeisterin von Alberschwende im Bregenzerwald. Sie sieht eine weitere Hürde: "Der Job ist nicht familienfreundlich."
In Vorarlberg gibt es nur acht Bürgermeisterinnen, von denen drei bei der kommenden Wahl nicht mehr antreten. Schwarzmann will bleiben. 2015 hat sie sich trotz Gegenwind gegen die Abschiebung von Asylwerbern eingesetzt. Sie ist überzeugt: "Wir Frauen schielen weniger auf die nächste Wahl."
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