Wie die Corona-Krise den öffentlichen Raum neu verteilt
Die Krise hat in Österreich vieles verändert. Nicht nur im Zusammenleben, sondern auch auf der Straße. Und das vor allem in den größeren Städten.
Ihren Ausgang nahm die Debatte, als die Grünen in Wien ankündigten, Straßen in temporäre Begegnungszonen umzuwandeln. Dort dürfen Fußgänger die Fahrbahn benützen, Autofahrer haben ein Tempolimit von 20 km/h.
Noch bevor in Wien dann auch Pop-up-Radwege auf viel befahrenen Straßen umgesetzt wurden, kam der österreichweite Vorstoß der türkis-grünen Bundesregierung: Über eine Novelle der Straßenverkehrsordnung schuf sie die rechtlichen Rahmenbedingungen für Fußgängerstraßen, die in ganz Österreich für mehr Platz für Fußgänger im öffentlichen Raum sorgen sollten.
In den Bundesländern sah man zunächst kaum Anlass, davon auch Gebrauch zu machen. Wenig später folgten aber auch dort weitreichende Änderungen im öffentlichen Raum: Mitte Mai verkündete der Linzer Vizebürgermeister – ein Blauer wohlgemerkt – dass der Hauptplatz in Linz autofrei wird.
Statt der Autos kommen Bäume. Eine weitere Gasse soll zur Fußgängerzone werden.
Hat die Krise also das Zeug dazu, den öffentlichen Raum langfristig zu verändern? Sabine Knierbein, Professorin für Stadtkultur und öffentlichen Raum an der TU Wien, sagt: Ja.
Durch die Krise sei vielen bewusst geworden, wie sehr öffentlicher Raum im Alltag gebraucht wird.
In Graz und in Florenz, wo bislang ganze Plätze ausschließlich von der Gastronomie bespielt wurden, habe man so festgestellt, dass öffentlicher Raum auch anders genutzt werden müsse.
Weil er sonst in Krisen brach liegt und die und das Leben aus der Innenstadt verschwindet. Dass die Frage nach der „räumlichen Umverteilung“ just jetzt debattiert wird, wundere sie daher nicht.
Auch nicht, dass Politiker die Krise nutzen, um Pflöcke einzuschlagen. „In Krisen wird Wahlkampf indirekt gemacht, über Interventionen“, sagt Knierbein.
Welche temporäre Maßnahme das Potenzial hat, die Krise zu überstehen? „Pop-up-Radwege und Begegnungszonen in haben großes Potenzial dazu“, sagt Knierbein.
Und die Debatte über den öffentlichen Raum selbst: Diese sei jetzt „mitten im Mainstream“ angekommen.
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