Wie Autolenker zu Öffi-Fahrern werden sollen
Geht es nach der ÖVP-FPÖ-Regierungsallianz, ist die Sache klar: Graz bekommt die modernste U-Bahn Österreichs, eine nämlich, die völlig automatisiert unterwegs ist und ohne Fahrer auskommt. Diese Metro mit ihren beiden Linien M1 und M2 soll 2030 starten, plant ÖVP-Stadtchef Siegfried Nagl, der allerdings die dafür nötigen 3,3 Milliarden Euro erst einmal aufbringen muss.
Es ist jedoch die Freude über das Vorhaben weder bei Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) noch bei den übrigen Rathausparteien besonders groß. Sie präferieren nämlich den Ausbau der Straßenbahn samt Einbindung der Umlandgemeinden.
Metro-Analyse folgt
Entsprechend gespannt wurde die Studie erwartet, die im Vorjahr bei den Verkehrsexperten Willi Hüsler (IBV Zürich) und Peter König (Prime Mobility) bestellt wurde: Ein Teil davon wurde am Mittwoch präsentiert, dies betraf speziell die Straßenbahnen und deren Kapazitäten. Die Bewertung der Metro wollen Hüsler und König im Herbst vorlegen, nur so viel vorab: Er sehe „gewisse Defizite“, überlegte Hüsler, da die U-Bahn nach derzeit vorliegendem Konzept die Stadt nicht so großflächig erschließen könne wie die Straßenbahn.
Die Experten haben mehrere Varianten zum Ausbau des bestehenden Öffi-Systems in Graz untersucht. Als Ausgangslage diente der Pendlerverkehr: Pro Werktag fahren 100.000 Menschen zur Arbeit nach Graz sowie weitere 30.000 aus der Stadt ins Umland 85 Prozent von ihnen mit dem eigenen Pkw. „Die Stadt wächst, der Straßenraum nicht“, kommentierte Hüsler. „Das heißt, es muss das effizienteste Verkehrsmittel genützt werden.“ Er setzt auf den Ausbau der S-Bahn, die über die Stadtgrenzen führt: „Jedes zweite Auto, das in Graz unterwegs ist, fährt über die Stadtgrenze hinaus. Deshalb ist der Ausbau der S-Bahn so wichtig.“ Dies könnte nur oberirdisch erfolgen, aber Tunnel in verschiedenen Längen wären möglich, um die S-Bahn innerhalb der Stadt zu beschleunigen.
Zwei neue Linien
Zweiter Ansatzpunkt von Hüsler und König sind die Straßenbahnlinien innerhalb von Graz. Der Neubau zweier Strecken nach Südwesten bzw. Nordwesten sowie die Entflechtung der Innenstadt sind im Gegensatz zur U-Bahn politisch unumstritten. Zusammen mit längeren Garnituren würde das eine Steigerung der Kapazität von 100 Prozent innerhalb der Stadt schaffen, berechneten die Experten. Verkehrsstadträtin Elke Kahr (KPÖ) sieht darin einen Auftrag für den Ausbau von Straßenbahn- und Busnetz: „Daran führt für mich kein Weg vorbei.“ Karl Dreisiebner, Klubchef der Grünen, fordert „sachliche Bewertungen“ von ÖVP und FPÖ: „Eitelkeiten und Vorlieben von Spitzenrepräsentanten dürfen keinen Platz haben.“
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