Erhöht man das Tempolimit, dann kommt die Wirtschaft besser und schneller voran. Andererseits steigen die Kosten für Unfälle, Rettungseinsätze und Begräbnisse. Mittels Kurvendiskussion wird der perfekte Mittelwert errechnet. Es gibt noch andere Punkte wie Spritkosten, aber „im Wesentlichen geht es um Wirtschaft und Unfälle, da ist das meiste Geld drinnen“, so Hauger. „Die Umwelt ist de facto irrelevant. Außer man setzt horrende Kosten voraus“.
Wobei die Berechnung nicht das perfekte Tempolimit zeigt, sondern jene Geschwindigkeit, die idealerweise durchschnittlich alle erreichen sollten. Für die Autobahn wären das laut dem Cerwenka-Modell 124,7 km/h. Großflächige Messungen des Kuratoriums für Verkehrssicherheit ergaben, dass auf Österreichs Autobahnen das tatsächlich durchschnittlich gefahrene Tempo bei rund 120 km/h liegt – also nahe am Idealbereich.
Heftig kritisiert wird von praktisch allen Experten das Tempolimit auf Landstraßen, vom Unfallforscher Ernst Pfleger bis zur Ex-ARBÖ-Chefin Lydia Ninz. Und dass im Freilandbereich vieles falsch läuft, ist auch das Ergebnis einer neuen Studie von sechs Experten (unter anderem der BOKU der TU), die in einigen Tagen publiziert wird. In dieser wird darauf verwiesen, dass in keinem Land Europas die Bereitschaft der Lenker geringer als in Österreich ist, sich an das Tempolimit zu halten – fast jeder dritte fährt hierzulande im Freilandbereich schneller als erlaubt.
Die tatsächlich gefahrene Durchschnittsgeschwindigkeit liegt außerorts ziemlich genau bei der eigentlich erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h.
Cerwenkas Berechnung hingegen liegt bei 75,8 km/h. Gerade hier ist auch die Ersparnis beim Treibstoff am größten, wird schließlich nach jedem Ort auf Landstraßen von Tempo 50 auf 100 beschleunigt. Eine Temporeduktion hätte auch langfristige Vorteile, betont Günther Emberger von der Technischen Universität Wien: „Die Baukosten verringern sich, weil man weniger breite Straßen benötigt. Dazu wird zehn bis 15 Prozent weniger Benzin verbraucht. Niedrigeres Tempo bedeutet weniger Energieabhängigkeit.“
Und im Stadtgebiet?
Das Grundlagenmodell schlägt 49 km/h vor. Doch die Wissenschaft ist sich einig, dass dies nur für die Hauptverkehrsadern sinnvoll ist. Der Großteil der Straßen wäre mit Tempo 30 ideal beschränkt. „Dann könnten die Radfahrer im Verkehr mitschwimmen. Außerdem würden mehr Menschen die Öffis nutzen, weil die im Vergleich schneller werden“, sagt Emberger.
In der neuen Publikation wird auch auf die Gefahren durch die aktuelle StVO-Novelle hingewiesen. Demnach können Auto- und Radverkehr nur bis Tempo 30 sicher gemeinsam geführt werden. Darüber hinaus ist eine räumliche Trennung notwendig, mittels Radwegen und Mehrzweckstreifen. Die Öffnung der Einbahnstraßen für Radfahrer ohne zusätzliche Maßnahmen könnte viele Opfer kosten. Sinnvoller wäre es gewesen, die 30er-Bereiche massiv auszubauen.
Außerdem gibt es Berechnungen über eine Anhebung des Temponiveaus auf Autobahnen. Würde die tatsächliche Durchschnittsgeschwindigkeit nur um 17 km/h erhöhen, würde sich die Zahl der Verkehrstoten verdoppeln.
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