"Die Situation ist mir entglitten“: So rechtfertigte sich nun der Wirt jener Kitzbüheler Bar, die im Zentrum eines Après-Ski-Skandals steht, gegenüber den ermittelnden Beamten. „Entglitten“ ist die Situation am vergangenen Samstag nicht nur dem Lokalbetreiber. Denn öffentlich wurde das wilde, gegen mehrere Corona-Regeln verstoßende Partytreiben durch ein Video des Runtastic-Mitgründers Florian Gschwandtner.
Nur elf Sekunden lang ist der Clip, den der oberösterreichische Start-up-Millionär am Wochenende auf seiner Instagram-Seite veröffentlichte. Auf einem Tisch stehend, Alkoholika in einem Sektkühler zu den Füßen, reicht ein Schwenk des Oberösterreichers nach links und einer nach rechts. Und schon ist klar: Hier ist nicht nur Gschwandtner übers Ziel geschossen, sondern auch eine Reihe anderer Gäste.
Mehr als 36.000 Follower hat der Unternehmer auf Instagram. Dort hat er sich für sein Verhalten entschuldigt und das Video gelöscht. Aber auf Twitter geistert die Aufnahme weiter durchs Netz und wurde alleine dort mehr als 400.000-mal angeklickt.Was treibt einen – noch dazu internet- und medienaffinen Menschen – dazu, so ein Video ins Netz zu stellen?
Auf KURIER-Anfragen reagierte Gschwandtner nicht.
„In so einem Fall spielen möglicherweise mehrere Umstände eine Rolle: Eitelkeit, Spaß und Urlaubsstimmung, Alkohol“, vermutet der Psychologe Dominik Rosenauer. „Ich gehe davon aus, dass Herr Gschwandtner nach einem tollen Tag auf der Piste in einer geselligen Runde tatsächlich nicht an das Morgen gedacht hat und ihm nicht bewusst war, dass er immer noch eine Person des öffentlichen Interesses ist.“
Belohnungszentrum
Der bekannte Unternehmer und Investor ist nicht der erste Prominente, der sich des nächtens um Kopf und Kragen postete und am Morgen danach reumütig um Entschuldigung bitten musste. Unabhängig vom Bekanntheitsgrad sorgen Likes und Kommentare für einen Dopamin-Rausch bei Social-Media-Nutzern, auch der Wunsch nach Zugehörigkeit, Status und Selbstdarstellung ist ein häufiges Motiv.
Eben wegen der Belohnungseffekte können die sozialen Medien problematisch werden, erläutert Manuel Jakab, Kommunikationswissenschafter an der Sigmund-Freud-Uni. „Menschen, die zu impulsiven Handlungen neigen, werden auch im Social-Media-Kontext tendenziell so agieren, dass eine kurzfristige Befriedigung ihrer sozialen Bedürfnisse erzielt wird. Das Abwägen von langfristigen Auswirkungen, die bei solchen Postings ja gravierend sein können, geht dabei unter.“
Bei Nutzern mit hoher Reichweite folgt auf leichtsinnige Social-Media-Beiträge häufig ein Shitstorm, der tage- oder sogar wochenlang anhalten kann. „Am nächsten Tag hat man nicht nur einen Kater, sondern auch die Erleuchtung, dass das Posting zwar gelöscht werden kann, aber längst ein Eigenleben bekommen hat“, fasst Psychologe Rosenauer zusammen. „Dann kommt zwar eine Entschuldigung – aber die Bilder sind eben stärker als die Worte.“
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