Coronavirus: Immer mehr Kinder in Österreichs Spitälern

Coronavirus: Immer mehr Kinder in Österreichs Spitälern
121 Kinder mussten 2021 auf Innsbrucker Pädiatrie wegen Corona behandelt werden. Überschießende Entzündungsreaktionen treten häufiger auf.

An der Innsbrucker Universitätsklinik für Pädiatrie macht sich Corona zunehmend bemerkbar. Obwohl Kinder seltener schwer an der Virusinfektion erkranken, traten im vergangenen Jahr vermehrt Fälle einer überschießenden Entzündungsreaktion auf. Alleine im November 2021 mussten 17 Kinder wegen Corona stationär behandelt werden, fast so viele wie im gesamten Jahr 2020, teilte das Land am Mittwoch mit. Landesrätin Annette Leja (ÖVP) appellierte daher, die Kinder impfen zu lassen.

Patientenzahl steigt in jeder Welle an

2020 wurden 40 Kinder wegen Corona im Krankenhaus behandelt, 2021 waren es schon 121. Fünf Prozent davon benötigten im Vorjahr intensivmedizinische Behandlung. Grund dafür sind oft das "PIMS-Syndrom" oder "MIS-C". "Der Überbegriff MIS-C steht für ein Multi-Entzündungssyndrom bei Kindern, das nach einer Covid-Infektion auftreten kann", erklärte Klaus Kapelari, leitender Oberarzt der Innsbrucker Pädiatrie. "Ursache für die Entzündungsprozesse ist vermutlich eine verzögerte Überreaktion des Immunsystems auf persistierende Virusbestandteile. Die Zahl der Patientinnen und Patienten, die diesem Syndrom zugeordnet werden, steigt in jeder Welle an", sagte er.

Alleine zwischen Ende Dezember 2021 und Anfang Jänner 2022 wurden sechs Patienten mit dem Syndrom behandelt. Keiner der Corona- bzw. MIS-C-Patienten, die bis 18 Jahre alt waren, war geimpft. "Selbst, wenn Kinder Gott sei Dank nur selten schwer erkranken, ist das Risiko ohne Impfung schwere und auch dauerhafte gesundheitliche Probleme durch eine Infektion zu bekommen jedenfalls wesentlich höher, als das Risiko durch die Impfung eine Impfreaktion oder Nebenwirkung zu erleiden", argumentierte Kapelari. Thomas Müller, Direktor der Kinderklinik, verdeutlichte die Risiken einer Infektion: "Zwei unserer aktuellen MIS-C-Patientinnen und Patienten leiden aufgrund der Erkrankung nun an schweren Herzproblemen und mussten auf der Intensivstation behandelt werden".

Eine Impfung können Kinder zwischen fünf und elf Jahren in Tirol in den Impfstraßen des Landes, bei niedergelassenen Kinderärztinnen und -ärzten, sowie in einigen Bezirkskrankenhäusern erhalten. Eine Anmeldung ist unter www.tirolimpft.at notwendig.

Niederösterreich

Im Jahr 2021 sind in Niederösterreichs Kliniken 87 Corona-Patienten bis neun Jahre behandelt worden, davon vier intensivmedizinisch. Im Alter von zehn bis 19 Jahren kamen nach Angaben der Landesgesundheitsagentur (LGA) 102 Covid-Erkrankte ins Spital, davon zwei auf die Intensivstation. Das war ein deutlicher Anstieg gegenüber 2020, als 14 Corona-Patienten bis neun Jahre und 49 von zehn bis 19 Jahren in Kliniken behandelt wurden, je zwei davon intensivmedizinisch.

Ob die Betroffenen geimpft waren, wurde aus Datenschutzgründen nicht bekanntgegeben. Am Mittwoch befanden sich keine Kinder bzw. Jugendlichen stationär in niederösterreichischen Kliniken, teilte die LGA auf APA-Anfrage mit.

„Kinder und Jugendliche erkranken im Vergleich zu Erwachsenen seltener. Und wenn sie erkranken, dann weniger schwer an Covid-19“, teilte Karl Zwiauer, Impfexperte der LGA und Mitglied des Nationalen Impfgremiums, mit. Vor allem schwere Krankheitsverläufe im Rahmen des Multisystem-Inflammationssyndroms (MIS-C) seien jedoch „eine schwere Belastung für Kinder“. MIS-C gehe mit schweren Entzündungszeichen und mit Beteiligung vieler Organsysteme wie Herz, Lunge, Magen-Darm-Trakt und Gerinnungsstörungen einher und wurde laut Zwiauer mit einer Häufigkeit von 1:1.000 Kindern und Jugendlichen mit positivem Corona-Test beschrieben. Das Krankheitsbild trete üblicherweise drei bis sechs Wochen nach einer Infektion auf.

Außerdem „mehren sich Hinweise, dass auch Kinder und Jugendliche nach milden oder asymptomatischen Verläufen langfristig unter den Folgen einer Covid-19-Erkrankung (“Long Covid„) leiden können“, teilte der Experte mit. Zwiauer betonte weiters, dass durch die Impfung von Kindern und Jugendlichen Infektionen und damit auch Maßnahmen wie Schulschließungen oder Einschränkungen im sozialen Leben vermieden werden können.

Salzburg

Im Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin des Landeskrankenhauses Salzburg war die vierte Corona-Welle im Herbst 2021 die mit Abstand heftigste. Im letzten Jahresviertel waren in Summe 35 Kinder wegen Covid stationär in Behandlung, das ist beinahe die Hälfte aller Fälle im Jahr 2021, in dem insgesamt 80 Kinder und Jugendliche im Bundesland mit dieser Diagnose hospitalisiert waren, sagte der Leiter Daniel Weghuber am Mittwoch zur APA.

Zwei Drittel der Kinder, die während der vierten Welle ins Spital mussten, hatten keinerlei Vorerkrankungen. „Das jüngste Kind, das wir stationär behandelt haben, war zwei Wochen alt. Es wäre fast gestorben“, schilderte Weghuber. Ein junger Patient hat die Erkrankung nicht überlebt. Und jedes dritte Covid-Kind am Uniklinikum - konkret waren es zwölf - litt am Hyperinflammationssyndrom PIMS, das ist eine überschießende Immunreaktion nach einer Covid-Erkrankung. Alle diese Kinder haben intensivmedizinisch behandelt werden müssen, so der Klinik-Vorstand.

Die 80 im Vorjahr in einem Salzburger Spital behandelten Kinder seien „um ein Vielfaches“ mehr gewesen als noch im ersten Corona-Jahr 2020. Aktuell, also am Beginn der fünften Welle, ist die Situation im Kinderspital hingegen noch ruhig. Nur vereinzelt würden derzeit Kinder mit der Diagnose Covid aufgenommen, heute etwa sei kein einziges Kind in stationärer Behandlung.

Steiermark

Ähnlich wie in Tirol hat auch die Steiermark im vergangenen November die meisten an Covid-19 erkrankten Kinder in stationärer Behandlung verzeichnet: 44 waren es an der Spitze der vierten Welle. Derzeit befinde sich kein einziges Kind im Alter bis 15 Jahren wegen einer Corona-Infektion im Spital, hieß es am Mittwoch auf APA-Nachfrage seitens des Sprechers der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft (KAGes).

Der Höchstwert im ersten Pandemie-Jahr 2020 war übrigens mit 21 Buben und Mädchen ebenfalls der November, wie aus einer der APA zur Verfügung gestellten Grafik der KAGes hervorgeht. Die Kurve in der Grafik verläuft ähnlich wie jene mit den Zahlen über das allgemeine Infektionsgeschehen und zwar in Wellen mit Spitzen im November 2020 sowie März und November 2021. Eine Spitze ist auch im September 2021 zu erkennen. Insgesamt waren 2020 54 Kinder wegen einer Covid-19-Infektion in stationärer Behandlung, 2021 waren es 190.

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