Vier Freunde sterben innerhalb eines Monats: Was ist passiert?
Klemens war ein talentierter Jugendlicher. Im Internet ist ein Video zu sehen, wie er als Elfjähriger seine Klavierkünste zum Besten gibt. Das vierte Kind einer Wiener Pädagogin hatte eine Zukunft vor sich. Doch dann kam die Einstiegsdroge Alkohol, Cannabis folgte und damit der Schritt in die Illegalität. Vermutlich kam er so auch in den Kontakt mit Tabletten, Kokain und Opiaten.
Sicher ist das aber nicht, denn der 19-Jährige bestritt Heroinkonsum stets und gab im Zwei-Wochen-Rhythmus Harnproben ab - alle negativ auf Opiatkonsum. Seine Mutter sucht deshalb nun nach Antworten.
Tot im Stiegenhaus
Am 21. Jänner wird Klemens tot in einem Wiener Stiegenhaus gefunden. Kurz zuvor war sein Freund Tobias K. in NÖ in der elterlichen Wohnung gestorben, nachdem er zuvor ausgegangen war. Zwei weitere Freunde - Max S. und Michael Sch. - lagen im Februar beide tot in einem Domizil in Wien-Simmering.
Alarmglocken könnten nun schrillen: Sind neue, hochgefährliche Drogen in Wien im Umlauf? Gibt es einen Dealer, der eine gefährliche Substanz in das Suchtgift mischt?
Die Wiener Polizei interessiert das nicht: "Bei gesetzlich definierten Suchtmitteln gibt es keine Gütesiegel für reine oder unreine Drogen. Das würde das Verbot ja ad absurdum führen", sagt Polizeisprecher Christopher Verhnjak. "Der Konsument muss sich dessen immer bewusst sein, dass wenn er Drogen auf der Straße oder sonst wo kauft, gibt es keine Garantie dafür, ob die auch sauber hergestellt wurden."
Die Polizei kennt nicht einmal das Obduktionsergebnis, das sei Sache der Justiz. Ermittlungen gebe es nur bei offensichtlichem Fremdverschulden. Dass vier junge Menschen innerhalb so kurzer Zeit an möglicherweise der identischen Droge gestorben sein könnten, begründet keinen Verdacht. Wenn, dann müsse das die Justiz anordnen.
Zwei Tote in der Wohnung
Bei der Staatsanwaltschaft Wien kennt man zwar alle Fälle, drei davon wurden aber offensichtlich ohne Obduktion und toxikologischen Gutachten eingestellt. Der Grund: Von der Polizei kam kein anders lautender Hinweis. Dass sogar zwei Tote in einer Wohnung lagen, auch das weckte kein Interesse an den Hintergründen.
Zusammengefasst: Die Justiz geht der Sache nicht auf den Grund, weil die Polizei keine Hinweise liefert. Und die Polizei ermittelt nicht, weil die Staatsanwaltschaft keine Hinweise liefert.
Dass rund um den Tod von Klemens K. - zumindest schleppend - ermittelt wird, hat einen anderen Grund. Der 19-Jährige war zuvor auf einer Party. Gemeinsam übernachtete er mit zwei Burschen und zwei Mädchen in einer Wohnung. Als er am nächsten Tag leblos im Bett lag, sollen ihn die anderen im Stiegenhaus abgelegt Das toxikologische Gutachten gibt es bis heute noch nicht. Die Staatsanwaltschaft sieht hier aber einen bedenklichen Todesfall, auch weil der Todeszeitpunkt noch immer unklar ist - zweieinhalb Monate danach.
Klemens K. war bei der Suchthilfe der Stadt Wien und musste alle zwei Wochen einen Urintest abgegeben hat. Dabei wurde kein Hinweis auf Opiate gefunden, die für mehr als 90 Prozent aller Todesfälle verantwortlich sind. Wurde was übersehen? Gibt es ein schlechtes Testverfahren? Bei der Suchthilfe will man dazu keine Stellungnahme dazu abgeben.
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Drogentote: Tendenz leicht steigend
Bis in das Jahr 2014 sank die Zahl der Drogentoten in Österreich auf 140, doch seither gibt es einen Aufwärtstrend auf zuletzt knapp 200. Wurde in den Neunzigerjahren noch jeder Verdachtsfall obduziert, so landete im vergangenen Jahr jedes fünfte Opfer nicht mehr auf dem Seziertisch. Auch hier ist ein steigendes Desinteresse im Drogenbericht des Gesundheitsministeriums zu finden.
Gar nur in etwa drei Viertel der Fälle gibt es noch ein toxikologisches Gutachten. Das bedeutet, dass man bei 149 Drogentoten die genaue Ursache kennt. Der überwiegende Teil fällt Opiaten zum Opfer, vor allem Heroin und Morphium (113 Fälle). Kokain und Ecstasy sind zwar oft dabei, rein daran sind aber insgesamt nur zwei Menschen gestorben.
Bei rund einem Drittel der Drogentoten wurde auch Alkohol im Blut nachgewiesen. Sogar vier von fünf Opfer hatten Psychopharmaka im Blut. Unklar ist hingegen der Anteil der Toten, die ausserdem Cannabis konsumiert haben, dies wird nicht im Drogenbericht ausgewiesen.
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