Wien: Jede fünfte Straftat wegen Drogen

Wien: Jede fünfte Straftat wegen Drogen
Polizei analysierte Beschaffungskriminalität – Süchtige benötigen 40 bis 70 Euro pro Tag.

"Das sieht aus, als ob es ganz easy wäre. Aber so zu leben ist ein Fulltime-Job."

Mark Renton im Kinofilm"Trainspotting" über Drogensucht

Rund 50 Euro kostet aktuell in Wien ein Gramm Heroin oder Kokain, zehn Euro sind für die gleiche Menge Cannabis am Schwarzmarkt fällig. Ein durchschnittlicher Drogensüchtiger braucht deshalb 40 bis 70 Euro täglich, um die tägliche Menge Stoff zu finanzieren. Obwohl mehr als 90 Prozent der schwer Abhängigen arbeitslos sind, müssen sie also rund 1600 Euro im Monat allein für Suchtgift heranschaffen.

Diese Zahlen stammen aus einer neuen Analyse der Wiener Polizei. "Wien ist erst die zweite Stadt in Europa, die eine eigene Abteilung für Drogen-Beschaffungskriminalität gegründet hat", erklärt Michael Mimra, Leiter der Landeskriminalamtes. Im Suchtgifthandel werde "Mörderkohle gemacht", wie es Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl salopp formuliert. Doch wie dieses Geld "verdient" wird, war bisher großteils Vermutung. Deshalb wurde vor zwei Jahren eine siebenköpfige Polizeieinheit gegründet, die sowohl analysieren als auch in der Szene ermitteln soll.

Wien: Jede fünfte Straftat wegen Drogen
ABD0070_20150127 - WIEN - ÖSTERREICH: Oberst Michael Mimra am Dienstag, 27. Jänner 2015, während einer PK des Landeskriminalamts Wien zur Aufklärung von sechs Supermarktüberfällen im Großraum Wien. - FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH
"20 bis 23 Prozent aller Massen-Eigentumsdelikte dienen der Beschaffung von Rauschgift", erklärt Chefinspektor Daniel Paal. Vor allem bei den Kellereinbrüchen ist dies ganz besonders stark sichtbar, aber etwa auch im Bereich Ladendiebstahl seien Süchtige führend. Eine dreiköpfige Tätergruppe beispielsweise wurde im Vorjahr von den Kriminalisten ausgeforscht, die in 4000 Kellern Fahrräder gestohlen hatte. Das Trio kaufte mit dem Erlös rund 1,8 Kilo Heroin.

Laut deutschen Studien wird rund ein Drittel des Rauschgifts durch Kriminalität finanziert, knapp 40 Prozent durch Drogen-Kleinhandel, elf Prozent durch Prostitution und nur ein Fünftel durch legale Einkünfte.

Im Rauschgifthandel in Wien gibt es laut Polizei derzeit zwei verschiedene "Drogenkreise". Der Handel mit Kokain läuft großteils separat vom Heroin/Cannabis-Verkaufskreis. Dadurch entsteht auch das Problem, dass Cannabis tatsächlich in die Szene hineinzieht. Denn die Marge beim Verkauf von einem Gramm Marihuana und Haschisch ist für Dealer weit geringer als bei der gleichen Menge Heroin. Verkäufer versuchen deshalb mitunter, die Konsumenten zum Umstieg zu bewegen.

Rund 15.000 bis 20.000 Personen umfasst die harte Drogenszene in Wien. Etwa 3000 davon gehören zum harten Klientel. Zuletzt sei die Brutalität gestiegen, Raubüberfälle (vielfach innerhalb der Szene) nehmen zu. Die Polizei ist sich über die Ursachen noch nicht ganz sicher. Studien in anderen Ländern haben gezeigt, dass die Zunahme der Brutalität meist mit einem erhöhten Eindringen von Crystal Meth einhergeht. Doch das für Wien festzumachen, ist offenbar noch zu früh.

Eigene Einheit

Die neue Ermittlungseinheit der Polizei mit dem eher wenig klingenden Namen "EB 09, SM Beschaffungskriminalität" verweist jedenfalls auch auf ihre operativen Erfolge. So wurden in den zwei Jahren 123 Täter ausgeforscht, wovon 70 bereits zu insgesamt über 100 Jahren Haft verurteilt wurden. Dabei wurden fast 2000 Straftaten aufgeklärt.

"Die Drogenkosumenten werden immer jünger", sagt der Wiener Chefinspektor Daniel Paal. Selbst zwölf oder dreizehnjährige Konsumenten seien keine Seltenheit mehr. Ein Fall vom Dienstag bestätigte diese Aussage.

Beamte der Wiener Bereitschaftseinheit beobachteten am Praterstern gegen 11 Uhr einen Mann, der Marihuana an einen offensichtlich sehr jungen Abnehmer verkaufte. Die Polizisten stoppten den Deal und nahmen den Händler – einen 34-Jährigen Libyer – fest. Als die Daten des jungen Abnehmers überprüft wurden, stellte sich heraus, dass der Bursch erst 13 Jahre alt ist. Er wurde vorläufig auf die Wache mitgenommen. Da er nicht deliktsfähig, also nicht strafbar, ist, wurde er seinen Eltern übergeben, die sich um eine gerechte Strafe für den Burschen kümmern müssen.

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