Disneys "Eiskönigin" beschert Hallstatt noch mehr Touristen
Die Eiskönigin hat sich ein gutes Jahr ausgesucht. In Hallstatt dominiert in diesem Winter statt Schnee nämlich Eis. Und zwar in Form von Raureif. In den Wintermonaten scheint dort die Sonne nur wenige Stunden am Tag – und das auch nicht überall. Deshalb hat sich eine dicke Reifschicht über Wiesen, Bäume, Bänke und Parkplätze gelegt.
Die Voraussetzungen sind also gut für den jüngsten Hype, der die 800-Seelen-Gemeinde – mutmaßlich ausgehend von einem chinesischen Journalisten – erfasst hat: Hallstatt soll Vorbild sein für das Schloss Arendelle aus dem Disney-Film „Die Eiskönigin“. Weltweit berichteten Medien darüber. In Hallstatt selbst ist von der Aufregung aber noch wenig zu spüren. Beim KURIER-Lokalaugenschein wissen nur die Jungen über die angebliche Ähnlichkeit Bescheid. Ein Hallstätter, der seine Stadt in Arendelle wiederfindet, war nicht zu finden.
Spurlos geht der Hype an Hallstatt trotzdem nicht vorüber. Eine Verkäuferin in einem der Souvenir-Geschäfte hat von der angeblichen Ähnlichkeit noch nichts gehört, kennt aber den Film und sagt: „Jetzt ergibt es Sinn, dass vor ein paar Tagen eine Touristin im Elsa-Eisprinzessinnen-Kostüm hier vorbeigegangen ist.“
Bürgermeister Alexander Scheutz hat noch keine derartigen Beobachtungen gemacht: „Ich finde nicht, dass es eine große Ähnlichkeit gibt. Kirchtürme, einen See und hohe Berge, das hat man schnell einmal wo“, meint er.
Scheutz glaubt auch nicht, dass seine Stadt, die in Österreich längst zum Symbolbild der negativen Auswirkungen des Tourismus geworden ist, mit dem nächsten Ansturm rechnen muss. „Der Film ist doch eher an Kinder gerichtet, und ich glaube nicht, dass sich Eltern von ihren Kindern so stark sagen lassen, wohin sie auf Urlaub fahren“, sagt er.
Wie groß die Auswirkungen des Hypes rund um den Film „Frozen“ – so der englische Titel – sind, ist also noch völlig offen.
Treue Trapp-Fans
Mehrere Städte in Österreich wissen dagegen schon, wie es sich als Filmschauplatz lebt. In Salzburg etwa setzt man touristisch ganz bewusst, auf Fans des US-Musicals „The Sound of Music“. Online werden die Drehorte – etwa die Felsenreitschule – beworben. Mehr als 350.000 Verehrer der Trapp-Familie besuchen deshalb pro Jahr die Stadt.
Potenzial gibt es genug. „2017 waren weltweit 80 Millionen Touristen als Film- und Serientouristen unterwegs“, erklärt Johannes Köck von Cine Tirol. Als vor fünf Jahren der James-Bond-Film „Spectre“ gedreht wurde, belagerten Fans und Journalisten die Drehorte in Obertilliach in Osttirol und Sölden. Wie viele Touristen aufgrund des Bond-Drehs bis heute nach Tirol gekommen sind, lässt sich aber laut Köck kaum abschätzen.
Auch in Wien, wo 2018 604 Projekte – davon 124 internationale – bei der zuständigen Vienna Film Commission eingereicht wurden, tut man sich mit konkreten Zahlen zu den Filmtouristen schwer. Dass aber immer mehr Menschen die Drehorte ihrer Lieblingsfilme besuchen wollen, bemerken die Wiener Fremdenführer nicht erst, seit sich Tom Cruise als Ethan Hunt für „Mission: Impossible – Rogue Nation“ 2015 publikumswirksam von der Wiener Staatsoper abgeseilt hat.
„An die 20 Kollegen bieten schon Drehort-Touren an“, erzählt Fremdenführerin Gerti Schmidt. Vor zehn Jahren sei das noch kein Thema gewesen. Sie selbst erwähnt Filmdrehs bereits bei jeder zweiten bis dritten Tour.
Derzeit gebe es reges Interesse an den Locations des US-Filmdramas „Frau in Gold“. Online wiederum finden sich noch immer viele Blogs, die die Drehorte des Kult-Films „Before Sunrise“ auflisten – samt Tipps, wie diese zu erreichen sind.
Zwar betonen Experten, dass Fans nicht ausschließlich wegen eines Films oder einer Serie nach Wien kommen, „es ist aber oft ein Mitgrund, eine Destination zu besuchen“, sagt eine Sprecherin des Wien Tourismus. Und die Werbung durch Blockbuster wie MI5 sei sowieso „Goldes wert“. Ein gutes Beispiel dafür – wenn auch nicht aktuell – ist der britische Thriller „Der dritte Mann“ von 1948. Die gleichnamige Tour fuhr im Vorjahr mit 18.946 Besuchern einen Rekord ein. Wien als Filmstadt soll jedenfalls künftig mehr beworben werden, auch eigene Film-Walks zu Drehorten sind denkbar.
Reiselust der Asiaten
Ein großer Markt für Österreichs „Filmstädte“ ist laut Touristikern Asien. „60 Prozent der chinesischen Touristen lassen sich laut einer 2018 durchgeführten Befragung bei der Wahl ihres Reiseziels von Filmen und Serien inspirieren“, weiß der Cine-Tirol-Chef. So haben chinesische Soaps, die in Wien gedreht wurden, laut Vienna Film Commission tatsächlich mehr Besucher angelockt.
Tirol hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten zudem viele Bollywood-Produktionen, darunter echte Blockbuster, ins Bundesland geholt. Die Zahl der indischen Gäste ist in diesem Zeitraum massiv gestiegen – von 11.000 Ankünften 1999 auf rund 80.000 im Jahr 2019. Ähnliche Erfahrungen wurden in Wien gemacht. Dort buhlt man derzeit zudem um Streamingdienst Netflix. Als Serien-Drehort hofft man auf mehr Touristen.
Nicht alle Hoffnungen lassen sich erfüllen. Sölden ließ eine eigene 007-Welt in den Berg bauen. Die Besucherzahlen sollen jedoch deutlich unter den Erwartungen geblieben sein.
Kommentare