Türkischer Spion: Mordauftrag in Wien?
Die Geschichte war so unglaublich, dass die Polizei die Aussagen des Mannes zunächst schwer bezweifelte.
Feyyaz Öztürk, laut KURIER-Informationen knapp über 40 Jahre alt, erzählte heftige Geschichten: Er sei vom türkischen Geheimdienst MIT dazu gezwungen worden, einen Anschlag auf die kurdischstämmige Wissenschaftlerin Berivan Aslan durchzuführen.
In einem stundenlangen Verhör vor dem Landesamt für Verfassungsschutz (LVT) erzählte er auch, dass er für die US-Drogenbehörde DEA tätig sei.
Die Wissenschaftlerin Aslan vertraute sich offenbar dem ehemaligen Politiker Peter Pilz an, der anschließend meinte, auch er sei ein mögliches Mordopfer und sei bedroht worden.
Obwohl dem Türken zunächst wenig Glauben geschenkt wurde, gingen die Verfassungsschützer den Angaben aus dem stundenlangen Verhör natürlich nach. Und nun, einige Wochen später, scheint sich herauszustellen, dass zumindest ein Teil der Geschichte stimmen dürfte.
Im September 2017 will Öztürk demnach von den türkischen Behörden bedroht worden sein. Er solle jemanden per Blanko-Unterschrift beschuldigen oder müsse ins Gefängnis gehen.
2018 sei er kontaktiert worden wegen des Anschlages auf Aslan. Dieser hätte dann im März 2020 durchgeführt werden sollen, dies ging sich allerdings wegen des Lockdowns nicht aus.
Wollte Mordauftrag nicht ausführen
Im August sei er nun wieder via WhatsApp kontaktiert worden und habe einen Agenten des türkischen Geheimdienstes in Belgrad getroffen. Den Mordauftrag habe er aber verweigert, weil er damit gerechnet hatte, von der österreichischen Polizei erwischt zu werden.
Türkische Behörden und offizielle Stellen widersprachen diesen Informationen vehement, berichtete nun die New York Times. Aslan wurde jedenfalls vom Innenministerium unter Polizeischutz gestellt.
Die Aussagen des angeblichen Agenten seien zunächst bezweifelt worden, weil Öztürk auch die Heimholung seiner Familie forderte. Es ist jedenfalls sehr ungewöhnlich, dass Spione selbst zur Polizei gehen, um sich zu enttarnen.
Nicht verifiziert wurde hingegen der Mordplan gegen Peter Pilz, heißt es aus dem Innenministerium.
Bei anderen Punkten scheint es jedoch durchaus Übereinstimmung der Aussagen mit den Ermittlungen zu geben. Die Staatsanwaltschaft Wien verlängerte deshalb die Untersuchungshaft für Öztürk. Vorerst geht es um Spionage für einen fremden Staat.
Sonderkommission eingerichtet
Innenminister Karl Nehammer hat nach den Vorfällen in Favoriten eine eigene Sonderkommission für Ermittlungen zu türkischer Einflussnahme in Österreich eingesetzt. Der Innenminister reagiert scharf auf jede Art der Einflussnahme aus der Türkei, heißt es aus dem Ressort: „Wenn Erdogan und die Türkei versuchen, ein systematisches Spitzelnetzwerk in Österreich zu etablieren, dann muss das Konsequenzen haben. Jeder der unsere Grundrechte in Frage stellt oder gar bedroht, muss damit rechnen, dass wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorgehen werden. Wir haben eine eigene Sonderkommission eingerichtet, die jedem einzelnen Verdachtsfall konsequent nachgeht und der Staatsanwaltschaft übergibt.“
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