ÖVP und Grüne verfügen nach der Nationalratswahl im Parlament zwar nicht mehr über eine Mehrheit und sind gewissermaßen in Scheidung begriffen sind. Aber dennoch greifen noch gewisse Koalitionsmechanismen. Die Ministerien in Wien werden nämlich nach wie vor den beiden Regierungsparteien der vergangenen fünf Jahre geführt.
„Es ist innerhalb der Bundesregierung vereinbart, Verordnungen und somit auch das Saisonkontingent abzustimmen. Derzeit warten wir auf die Zustimmung seitens der Grünen, um die Kontingente für 2025 festzulegen", sagt Susanne Kraus-Winkler, Tourismus-Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, das für die Saisonniers-Verordnung zuständig ist.
Verordnung für 2024 läuft aus
Die Zeit drängt. Denn die Kontingente werden immer pro Kalenderjahr festgelegt, wenn auch mitunter unter dem Jahr noch einmal erhöht. Aber das aktuelle läuft mit 31. Dezember aus. Bleibt eine Einigung aus, hieße das laut Thomas Geiger, Geschäftsführer der Hotellerie-Sparte in der Tiroler Wirtschaftskammer:
"Es könnten ab 1. Jänner keine Drittstaatenangehörigen mehr beschäftigt werden. Die Nervosität steigt."
Der Zillertaler Hotelier und Sprecher der österreichischen Seilbahnbranche Franz Hörl war in den vergangenen fünf türkis-grünen Regierungsjahren als ÖVP-Nationalrat Tourismussprecher seiner Partei. Aktuell verhandelt er an einer möglichen Dreier-Koalition mit.
Mit dem Saisonkontingent sei es "heuer ein bisschen schwieriger", sagt er. Denn die Grünen müssten diesem eben zustimmen und seien "momentan nicht besonders motiviert", sagt der für markige Worte bekannte Tiroler diplomatisch.
Grüne weisen Vorwurf zurück
Die Tiroler Grüne-Nationalrätin und Tourismussprecherin ihrer Partei Barbara Neßler weist den Vorwurf zurück: "Wir blockieren sicher nichts. Der Vorschlag liegt seit Kurzem auf dem Tisch. Anstatt sich jedes Jahr aufs Neue auf diesen Kuhhandel einzulassen, brauchen wir endlich langfristige Lösungen."
Die Grünen würden bei Asylwerbern "enormes Arbeitskräftepotenzial" sehen, das ungenutzt bleibe. "Ich kann schlichtweg nicht verstehen, warum wir Menschen, die hier sind und arbeiten wollen, daran hindern genau das zu tun", sagt Neßler.
Wunschzettel der Branche
Laut aktueller Verordnung dürfen etwa in Tirol 1.249 Saisonmitarbeiter beschäftigt werden - in Spitzenzeiten dürfen die Kontingente in jedem Bundesland um 50 Prozent überzogen werden. "Wir bräuchten 400 bis 500 zusätzliche Plätze, damit die Anträge der Betriebe positiv erledigt werden könnten", beschreibt Geiger die Lage.
Die sukzessive Ausweitung der Genehmigungen für die zeitweise Genehmigung von Drittstaatenangehörigen im österreichischen Tourismus in den vergangenen Jahre zeigt, wie es zunehmend schwerer wird, freie Stellen mit Einheimischen oder EU-Bürgern zu besetzen.
"Während meiner Amtszeit konnten wir das Saisonkontingent von 1.989 auf 4.495 Plätze erhöhen", sagt Kraus-Winkler, für die klar ist: "Trotz steigender Beschäftigungszahlen hat der touristische Arbeitsmarkt gerade während der Saisonspitzen mit Herausforderungen zu kämpfen.“
Aus für Kontingent-Regel gefordert
Die Wirtschaft drängt seit längerem auf eine Änderung des Bewilligungssystems. Hörl spricht sich dafür aus, dass es keine Kontingente mehr gibt. Die Genehmigungen sollten dem AMS obliegen, das ohnehin schon jetzt überprüfen muss, ob Stellen ohne Ausnahmen für Drittstaatenangehörige zu besetzen wären.
Für Geiger ist zudem die Festsetzung der Kontingente auf Kalenderjahre widersinnig, da sie keine Rücksicht auf den Saisonrhythmus nimmt - also eben wie aktuell mitten im Winter die aktuelle Verordnung ausläuft: "Da fehlt jede Plaungssicherheit."
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