PRO:
Unbedingt, es sei denn, das sich selbst als Tourismusland rühmende Österreich will sich sehenden Auges wirtschaftlich ruinieren statt sich nach Corona zu stabilisieren, geschweige denn zu reüssieren.
Wer in der Stadt wie auf dem Land, für das Haubenlokal wie die Skihütte, die Frühstückspension wie das Luxusresort kein geeignetes Hilfs- wie Fachpersonal mehr findet – und genau das ist der Regel- und nicht mehr Ausnahmefall zwischen Boden- und Neusiedler See –, wird bald keine Gäste mehr haben. Und damit sehr schnell keine Existenzgrundlage mehr. Das trifft nicht nur Tourismusregionen und ein paar Tausend Menschen, sondern à la longue ganz Österreich.
58,7 Milliarden Euro an direkter wie indirekter Wertschöpfung kommen aus der Tourismus- und Freizeitwirtschaft – 13,1 Prozent des BIP (2022). Wenn dieser wesentliche Anteil zumindest erhalten bleiben soll, müssen die ideologischen Scheuklappen aller Entscheidungsträger ab-, strenge Saisonnierregeln angelegt und die Kontingente natürlich so erhöht werden, wie es die Situation im jeweiligen Beherbergungs- wie Gastrobereich und Bundesland verlangt.
Das kann, nein, das muss gelingen, ehe es zu spät ist. Indem man sich der Gastfreundschaft entsinnt, die hierzulande so gerne zitiert wird. Exerzieren wir sie – bei jenen, die gebraucht werden, um die Branche am Leben zu halten, und sei es für eine Saison. Deshalb hieß es dereinst Gastarbeiter. Doch diesen Terminus hat bisher erst die FPÖ wiederentdeckt. Und die ist laut Umfragen derzeit Nummer eins in Österreich.
Johanna Hager ist Stv. Leiterin der Innenpolitik
CONTRA:
Österreich ist zweifelsfrei ein Tourismusland und die Gäste dürfen sich eine angemessene Betreuung erwarten, vor allem, wenn sie für ihren Urlaub entsprechend viel zahlen. Dieses Service soll nicht nur freundlich und schnell erfolgen, was natürlich auch von einer gewissen Anzahl an Mitarbeitern abhängt. Die Betreuung sollte auch eine entsprechende Qualität aufweisen. Niemandem ist geholfen, wenn zwar die Quote ausgebaut wird, aber jene Arbeitskräfte, die geholt werden, nicht jene Fähigkeiten mitbringen, um die hohen Ansprüche der Hoteliers und der Gäste zu erfüllen. Dazu zählt neben fachlichem Wissen auch die Kenntnis der Landessprache. Denn am Ende des Tages bleibt der lokale, österreichische Charme auf der Strecke, wenn Mitarbeiter aus aller Herren Länder, schlimmstenfalls in Dirndl und Lodenjanker gesteckt, radebrechend an der Rezeption stehen oder im Restaurant Bestellungen entgegennehmen.
Die Kontingente sind in den vergangenen Jahren bereits mehrfach aufgestockt worden, zuletzt im Sommer des Vorjahres. Angesichts einer steigenden Zahl an Arbeitslosen wäre es ein falscher Weg, hier weiteres (Billig-)Personal aus dem EU-Ausland zu beschäftigen. Sinnvoller wäre es, die Ausbildung sowie die Bezahlung heimischer Mitarbeiter noch attraktiver zu gestalten. Zu arbeiten, soll sich mehr lohnen, als von Sozialtransfers zu leben. Mit einer Umsiedelungsunterstützung seitens Wirtschaft und Bund bzw. Länder etwa für arbeitslose Wiener Kellner für die Hochsaisonen könnte Abhilfe geschaffen werden.
Robert Kleedorfer, Ressortleiter Wirtschaft
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