Tirol: Das große Sesselrücken vor den Bürgermeister-Wahlen

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Zahlreiche Urgesteine haben das Ruder schon vorzeitig übergeben.

35 Jahre ist Ernst Schöpf inzwischen schon Bürgermeister im Tourismusort Sölden im Ötztal. Ob er bei den Kommunalwahlen, die in 277 von 279 Tiroler Gemeinden im Februar 2022 in über die Bühne gehen, noch einmal antritt, lässt er noch offen.

„Wenn 40-Jährige keinen anderen  Bürgermeister  kennen, weiß ich nicht, wie demokratisch das ist“

von Ernst Schöpf

Langzeit-Bürgermeister Sölden

„Wenn 40-Jährige keinen anderen Bürgermeister als mich kennen, weiß ich nicht, wie demokratisch das ist“, hinterfragt sich ÖVP-Politiker Schöpf, der auch Präsident des Tiroler Gemeindeverbands ist, selbst.

Langzeitpolitiker wandeln stets auf einem schmalen Grat: Je nach Sichtweise werden sie auch respektvoll Urgesteine gerufen – oder aber als Sesselkleber bezeichnet. Und wenn nicht der Wähler den Schlussstrich zieht, stellt sich die Frage: Bis zum Ende der laufenden Periode dienen oder vorzeitig an einen Vertrauten übergeben, damit sich der vor der Wahl noch profilieren kann?

Option 2 haben heuer in Tirol bereits acht Ortschefs gezogen – darunter auch einer, der in Schöpfs Liga spielte: 34 Jahre war Edgar Kopp als SPÖ-Bürgermeister von Rum, einem Nachbarort von Innsbruck, im Amt.

Dauerbrenner

Hans-Peter Bock (SPÖ) lässt es in Fließ nach 24 Bürgermeister-Jahren gut sein. Auf immerhin 17 Jahre brachte es sein Parteikollege Arno Guggenbichler im wenige Kilometer entfernten Absam. In der Skigymnasium-Gemeinde Stams übergab VP-Bürgermeister Franz Galopp nach ebenso vielen Jahren an seinen Wunschnachfolger.

„Manche wollen, dass es eine geordnete Nachfolge gibt“, kennt Schöpf das Spiel. Die vorzeitige Übergabe ist bereits seit Einführung der Bürgermeister-Direktwahl 1992 geübte Praxis. Damit einhergehend kam die Regelung ins Spiel, dass Nachfolgern von Bürgermeistern, so diese in den letzten beiden Jahren vor Ende ihrer Amtszeit gehen, vom Gemeinderat gewählt werden.

Bei entsprechender Mehrheit kann der Alt-Ortschef also einen Kronprinzen bzw. eine Kronprinzessin installieren. Denen können die Bürger bei der regulären Wahl freilich wieder den Sessel wieder entziehen.

Nicht heiß begehrt

Was sich allerdings bei den Gemeinderatswahlen 2016 gezeigt hat: Manche Orte müssen froh sein, wenn sich überhaupt ein Kandidat für das Bürgermeisteramt findet. In einigen Dörfern war das vor sechs Jahren eine Zitterpartie. „Ich bin selbst gespannt, ob das wieder so wird“, sagt Schöpf.

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