Innsbrucks grüner Stadtchef am Gängelband

Georg Will hat gerade erst die Halbzeit seiner Amtszeit erreicht und ist arg in Bedrängnis.
Im freien Spiel der Kräfte zeigt eine „bürgerliche“ Mehrheit Bürgermeister Georg Willi die Grenzen seiner Macht auf.

Die Innsbrucker Studentenbar „Kater Noster“ im Herbst 2018: Im Keller sitzt Georg Willi auf einer Couch – und soll Nachwuchspolitikern der ein Jahr zuvor aus dem Parlament geflogenen Grünen erklären, mit welchem Erfolgsrezept er nach dem Bundesdebakel die Partei in Innsbruck auf Platz eins führen konnte und selbst zum ersten grünen Bürgermeister einer Landeshauptstadt gewählt wurde.

Interviewt wird er von der Vorarlberger Landtagsabgeordneten Nina Tomaselli, die heute grüne Nationalrätin und Fraktionschefin im Ibizia-U-Ausschuss ist. Im Publikum sitzen mehrere Grüne, die inzwischen Karriere gemacht haben – etwa Stefan Kaineder, heute Landesrat in Oberösterreich und Stellvertreter von Bundesparteichef Werner Kogler.

Willi ist noch in der Euphorie der wenige Monate zuvor gewonnen Wahl und zeigt sich damals erstaunt, über wie viel Macht er als Bürgermeister eigentlich verfügt.

Koalition zerbrochen

Diese Euphorie ist inzwischen längst perdu, die von Willi zunächst geschmiedete Vierer-Koalition zerbrochen. Und im nun freien Spiel der Kräfte geben zwei seiner Ex-Partner, ÖVP und Für Innsbruck (FI), dem Stadtchef im Verbund mit der FPÖ als von ihnen titulierte „bürgerliche Mehrheit“ den Takt vor.

Innsbrucks grüner Stadtchef am Gängelband

2018 gab Willi dem grünen Nachwuchs noch Erfolgstipps.

„Dem Bürgermeister werden seine Grenzen gezeigt“, sagt Markus Lassenberger (FPÖ). Seine Wahl zum ersten Vize-Bürgermeister im Jänner hat die Stadtkoalition (Grüne, ÖVP, FI und SPÖ), aus deren Reihen der Freiheitliche die notwendigen Stimmen erhalten hat, endgültig aus dem Gleis geworfen.

Was es für einen, wenn auch direkt gewählten, Bürgermeister heißt, ohne Mehrheit dazustehen, bekam Willi erst in der Vorwoche klar vor Augen geführt. Zunächst im Stadtsenat, in dem alle amts- und nicht amtsführenden Stadträte sitzen.

Ausgebremst

Der Vorschlag des Stadtchefs für die Besetzung des Aufsichtsrats der Innsbrucker Kommunalbetriebe (IKB) fand keine Zustimmung. Stattdessen wurde mit der „bürgerlichen Mehrheit“ – vier von sieben Sitze – ein FPÖ-Gegenvorschlag goutiert und beschlossen.

Der nächste Nackenschlag dann im darauffolgenden Gemeinderat: Auf VP-Antrag geht ein Paket mit „bürgerlicher Mehrheit“ und Unterstützung von Kleinstfraktionen durch, mit dem Parken in Tiefgaragen an Freitagen und Samstagen verbilligt bzw. zum Teil kostenlos werden soll.

Die Grünen sehen darin keine Belebung des Wirtschaftslebens, sondern vielmehr eine „sinnlose Subvention des Individualverkehrs“. Willi und seine Partei werden durch die Maßnahme bei einem ihrer Kernthemen vorgeführt. Das Spiel kann noch lange gehen.

Planmäßig wird erst 2024 gewählt. Und selbst wenn Willi die Neuwahl-Karte ziehen wollte, er bräuchte eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Gemeinderat dafür. Ein Zwickmühle, die den Bürgermeister zerreiben kann.

„Erste Reihe fußfrei“

„Wir sitzen erste Reihe fußfrei. Wir haben auch keine Angst vor Neuwahlen“, sagt Lassenberger. Willis Vorgängerin, Christine Oppitz-Plörer (FI), die nach wie vor Stadträtin ist, glaubt nicht, dass Wahlen die Grundkonstellation groß verändern würden. Sie zweifelt auch nicht an einer Wiederwahl des Grünen.

Willi sieht sie in der Pflicht: „Die Kompetenz eines Bürgermeisters bemisst sich darin, Mehrheiten zu finden. Und wenn er das nicht schafft, dann bilden sich eben andere Mehrheiten.“

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