Ohne Mehrheit: Wie Innsbrucks Bürgermeister nun weiterregieren will

Ohne Mehrheit: Wie Innsbrucks Bürgermeister nun weiterregieren will
Der grüne Stadtchef steht vor den Scherben seiner Koalition und ohne Mehrheit da. Warum er nun auf Volksabstimmungen setzt.

Am Donnerstag stand Bürgermeister Georg Willi plötzlich fast alleine im Gemeinderatssaal. Nur seinen Grünen und zwei von vier SPÖ-Abgeordneten waren geblieben. Die geforderte Abwahl des blauen Vize-Bürgermeisters Markus Lassenberger kam damit gar nicht erst zur Abstimmung. Für Willi war damit die Koalition mit ÖVP, Für Innsbruck (FI) und SPÖ zu Ende.

KURIER: Ihre Koalition liegt in Scherben. Sind Sie als Bürgermeister gescheitert?

Georg Willi: Gescheitert sind die, die hinausgegangen sind. Das Bild hat ein bisschen Symbolcharakter für die vergangenen drei Jahre: Die, die arbeiten und entscheiden wollen, sind im Saal. Und die, die nicht entscheiden, die nicht arbeiten wollen, sind draußen. Jetzt geht es darum, in die Zukunft zu blicken.

Aber ist es nicht die Aufgabe des Stadtchefs, dafür zu sorgen, dass der Laden läuft und es stabile Mehrheiten gibt?

Wenn ein Rad in China umfällt, bin nicht ich schuld.

Aber das ist sozusagen vor Ihrer Haustüre passiert.

Am Donnerstag war von den Koalitionären Verantwortung gefordert. Nämlich zur Frage: Sind sie Teil einer Koalition, ja oder nein. Die Frage – Lassenberger ja oder nein – war eine Zuspitzung davon. Und dieser Frage haben sie sich entzogen und nicht ihre koalitionäre Arbeit getan. Da ist nicht der Bürgermeister schuld. Das ist die Verantwortung jener, die sich der Abstimmung entzogen haben.

Die gleichen Parteien haben schon vor Ihrem Einstieg unter Führung ihrer Vorgängerin Christine Oppitz-Plörer gemeinsam regiert. Warum hat es da funktioniert?

Es hat auch jetzt knapp drei Jahre von der Umsetzung her gut funktioniert. Die Projektliste, die ich vorlegen kann, ist fast zehn Seiten lang. Aber das wird leider vom jetzigen Verhalten derer überschattet, die entschieden haben, dass ein Nicht-Mitglied der Koalition – noch dazu ein Blauer – zum zweiten Mann dieser Stadt gewählt wurde. Das widerspricht völlig dem Wunsch der Bevölkerung, die gesagt hat: Wir wollen in Innsbrucker erstmals einen direkt gewählten grünen Bürgermeister.

Man stelle sich vor: Tag gegen Rassismus. Ich falle aus. Wer spricht? Der blaue Vize-Bürgermeister. Das geht sich nicht aus. Ein paar Leute aus der Koalition wollten mir einfach schaden.

Ihre Ex-Partner sind sich in vielem nicht einig. Aber der Grundtenor lautet: Die Grünen können es nicht und es fehlt an Führungsstärke.

Das ist ein Ablenkungsmanöver. Die schreien ständig nach Führung und entziehen sich der Führung. Das ist wie bei einer Seilschaft, die sagt: Du bist vorne und führst an. Und hinten, statt sich einzuordnen, schießen sie ständig quer. Vor allem FI, aber auch die ÖVP, haben es nie überwunden, dass in Innsbruck was passiert ist, dass ihrer Meinung nach nicht hätte passieren dürfen. Dass die Bevölkerung einen Grünen zum Bürgermeister wählt. Das war ihnen von Beginn an ein Dorn im Auge.

Ohne Mehrheit: Wie Innsbrucks Bürgermeister nun weiterregieren will

Fakt ist: Sie stehen jetzt ohne Mehrheit da. Ist da nicht Stillstand vorprogrammiert?

Als Bürgermeister kämpfe ich dafür, dass wir die Stadt weiterbringen. Wir sind mitten in einer Pandemie. Und gleichzeitig müssen wir auch eine viel größere Hürde schaffen. Nämlich Innsbruck zu einer klimafitten Stadt umbauen, in der leistbares Wohnen möglich ist und wo wir uns mithilfe der Universität in die Zukunft entwickeln. So lange das Arbeitstempo passt und ich für diese Projekte Mehrheiten finde, gibt es eine professionelle Zusammenarbeit.

Und wenn nicht?

Wenn zum Beispiel ein Budget so abgeändert wird, dass Großprojekte, die sinnlos und nicht finanzierbar sind, hineingedrückt werden, dann wird es Neuwahlen geben.

Für die braucht es eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Gemeinderat. Müssen Sie nicht fürchten, dass stattdessen drei Jahre an Ihnen vorbeiregiert wird?

Nein. Es gibt die Möglichkeit, bei Projekten, wo es um die sinnlose Verschleuderung von Geld geht, diese der Bevölkerung in einer Volksabstimmung vorzulegen. Das werde ich machen.

Worauf spielen Sie an?

Es droht, wenn ich mir diese rechtskonservative Gruppe anschaue, die Wiederholung des Finanzdesasters vom Bau der Patscherkofelbahn. Es stehen drei große Projekte im Raum, die die haben wollen. Eine 50-Meter-Schwimmhalle, ein Recyclinghof im Westen der Stadt sowie der Bau einer Bus-Garage. Diese Projekte machen in Summe fast wieder 70 Millionen Euro aus.

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