Tätowierer treiben es zu bunt: Welche Farben seit Jahresbeginn verboten sind
In zwei Jahren droht das Ende von bunten Tätowierungen. Für Monika Weber, die seit 24 Jahren Tätowiererin ist, ist das der „ultimative Wahnsinn“. Sie betreibt das Studio Happy Needles auf der Wiener Wieden und ist für bunte Motive bekannt. Szenen aus Märchen, mexikanische Totenköpfe oder Blumenmotive sind ihre Leidenschaft – und die ihrer Kunden.
Zwei bei diesen Tätowierungen besonders beliebte Farben sind seit Anfang des Jahres in der EU verboten. Konkret geht es um die Farbpigmente Blau 15 und Grün 7. Diese werden bei der Mischung von zahlreichen anderen Farbtönen benötigt. „60 Prozent der Farben könnten dadurch von der Palette verschwinden“, befürchtet Monika Weber. Zwar haben die Tätowierer eine Übergangsfrist von zwei Jahren, um sich umzustellen, noch gebe es auf dem Markt aber keine legale Alternative. Zumindest keine, die nicht ausbleichen würde.
Der Grund für das Verbot ist ein Vorschlag der europäischen Chemikalienagentur (ECHA). Diese wurde von der EU-Kommission beauftragt, die Farben zu untersuchen, da „kaum Informationen“ über Tätowierfarben und Permanent-Make-up verfügbar waren. Das Ergebnis: Es wurden rund 4.000 bedenkliche Substanzen entdeckt.
Die Pigmente Blau 15 und Grün 7 waren für die Verwendung in Haarfärbemitteln wegen potenziellen Risikos von Blasenkrebs schon länger verboten. Nach dem Motto „wenn sie nicht auf der Haut verwendet werden dürfen, sollten sie auch nicht in der Haut verwendet werden dürfen“ seien sie nun eben auch für Tätowierungen verboten worden. Laut ECHA wurden auch Tierversuche durchgeführt. Man wolle das Tätowieren „nicht verbieten, aber sicherer machen“.
Widerstand in der Szene
In der Szene ist die Analyse der ECHA umstritten: Rund 2.500 Unterstützer hat eine österreichische EU-Petition gegen das Verbot bereits. Sie ist aktuell eine der erfolgreichsten österreichischen Petitionen im EU-Parlament. Auch Monika Weber hat unterschrieben: „Nach dem Corona-Jahr ist das die nächste Schikane“, sagt sie. Sie fürchtet, dass sich nach dem Verbot viele von herkömmlichen Studios abwenden könnten. „Am Schwarzmarkt werden Heimtätowierer Farben aus China besorgen“, meint sie.
Die Branche
Rund 1.400 Tätowierer und Pigmentierer wären in Österreich von dem Verbot betroffen
Die Kunden
Laut einer Umfrage des IMAS-Instituts von 2020 sind rund 24 Prozent aller Österreicher tätowiert. Nur 15 Prozent fürchten eine mögliche Gesundheitsgefährdung
Corona
Ab 8. Februar dürfen Tätowierer wieder öffnen – allerdings ist ein Corona-Test nötig
Eine Sorge, die der Hautarzt András Cseh nachvollziehen kann. In Österreich werde professionell gearbeitet, er habe aber Patienten, die sich ihre Tätowierungen in Asien oder Afrika stechen ließen – Allergien oder Entzündungen seien häufig die Folge. Der Grund: Viele Farben sind kaum untersucht. Auch Cseh fürchtet, das Verbot könnte dazu führen, dass neue Stoffe verwendet werden, die gefährlicher sind. „Das Ziel muss sein, dass Chemiker und Tätowierer in den nächsten Jahren zusammen an unbedenklichen Lösungen arbeiten“, hofft der Mediziner.
Vielleicht wird die neue Bestimmung bis dahin aber ohnehin gekippt – zumindest, wenn es nach EU-Mandatar Alexander Bernhuber (EVP) geht, der die Petition unterstützt: „Da wird das Geschäft fleißiger Leute gefährdet, ohne, dass die Kommission klar sagt, welche Farben sicher sind.“ Er fordert nun eine neue Bewertung und ist optimistisch, dass die Szene auch in Zukunft eine bunte bleibt.
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