Studie: Armut macht Kinder krank

Studie: Armut macht Kinder krank
Adipositas, Diabetes, Haltungsschäden, Suizidgefahr: Kinder, die in Armut leben, sind häufiger krank und sterben früher.

Armut hat nicht nur zur Folge, dass Kindern Materielles fehlt. Armut macht Kinder krank. Diesen Zusammenhang untermauert eine Studie der Volkshilfe Österreich und der Wiener Ärztekammer. "Die armen Kinder von heute sind die chronisch Kranken von morgen", zeichnete Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres ein düsteres Bild von der Zukunft armer Kinder. Von der Politik fordert er mehr Investitionen.

"Kinder, die in Armut leben, erkranken öfter, zeigen vermehrt Störungen in ihrer Entwicklung, erkranken häufiger psychisch, neigen durch schlechtere Ernährung vermehrt zu Adipositas und anderen Folgeerkrankungen wie Diabetes oder Haltungsschäden, sterben um fünf bis acht Jahre früher als die Durchschnittsbevölkerung und sind stärker suizidgefährdet", führte Szekeres die Ergebnisse einer Online-Befragung von rund 500 Ärzten bei einer Pressekonferenz in Wien aus.

"Kinderarmut ist kein Randthema", bestätigte auch Erich Fenninger, Direktor der Volkshilfe Österreich, am Donnerstag. "Wir sind eines der reichsten Länder dieser Erde. Trotzdem sehen wir, dass nicht nur der Reichtum, sondern auch die Armut wächst", kritisierte er. Die Ergebnisse der Umfrage hätten ihn selbst überrascht. In Grundzügen habe er sie erwartet, aber "dass sie so deutlich ausfallen hätte ich nicht gedacht", so Fenninger.

Studie: Armut macht Kinder krank

Erich Fenninger

47 Prozent der befragten Ärzte nehmen in der beruflichen Praxis wahr, dass Kinder aus armutsgefährdeten Familien häufiger zum Arzt gehen als Kinder aus nicht armutsgefährdeten Familien. Armutsgefährdete Kinder fühlen sich außerdem weniger gesund und leistungsfähig, ergaben die Beobachtungen der Ärzte.

Acht von zehn Befragten erkennen, dass Kinder aus armutsgefährdeten Familien häufiger an mangelnder körperlicher Fitness leiden. Es zeigen sich vermehrt psychosomatische Symptome wie verminderte Konzentrationsfähigkeit, erhöhte Müdigkeit, Nervosität, Aggressivität oder depressives Verhalten. Auch Übergewicht ist ein Problem, das häufiger bei Kindern in armutsgefährdeten Familien auftritt. Außerdem beobachten sechs von zehn Ärzten in ihrer Praxis, dass arme Kinder öfter an chronischen Krankheiten leiden.

Um Kindergesundheit in Österreich für alle zu sichern, sehen die Ärzte vor allem Beratung und Aufklärung als Mittel der Wahl. Außerdem nannten sie in der Umfrage eine bessere finanzielle Unterstützung und soziale Absicherung der Familien als weitere dringende Maßnahme. "Das bestätigt uns in unserer Forderung nach einer staatlichen Kindergrundsicherung, die eine flächendeckende Gesundheitsförderung aller Kinder garantiert, unabhängig vom Einkommen der Eltern", sagte Fenninger.

"Im Sinne eines sozialen Gesundheitssystems für alle ist die Politik gefordert, mehr in Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung zu investieren", appellierte Szekeres an die künftige Regierung. "Nicht einmal sechs Prozent der Gesundheitsausgaben sind für Kinder, obwohl sie 20 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen", kritisierte der Präsident der Österreichischen und Wiener Ärztekammer.

Gehandelt werden müsse bald - "im Interesse der Kinder", so Szekeres. "Die Kinder können nichts dafür, dass sie arm sind", sagte er. Erwachsenen könne man unter Umständen vorwerfen, dass sie die Armut selbst zu verantworten haben. "Aber Kinder suchen sich ihre Eltern nicht aus", führte auch Fenninger vor Augen. "Kinder haben keinen Einfluss darauf, ob sie in eine privilegierte oder in eine arme Familie hineingeboren werden."

Kommentare