Sexuelle Übergriffe: Aufnehmen ist heikel, aber wichtig

„Also erstens, ich liebe dich, dass das klar ist. Ich hoffe, das wird gewürdigt und erwidert. Was soll dieser komische Blick? Hallo? Da erwarte ich schon eine entsprechende Reaktion, wenn ich so was sage.“
Die Aussagen von Medienmacher Wolfgang Fellner gegenüber Moderatorin Katia Wagner sind mittlerweile bekannt. Er bezeichnete sie als „Schatz“ oder „Brutalchinesin“, er wollte „hinten ins Kleid reinschauen.“ Die Belästigungen wurden durch mehrere Gerichtsverfahren publik, Fellner hatte sie im Vorfeld abgestritten. Doch Tonaufnahmen überführten ihn.
Es folgte die Retourkutsche und eine Klage wegen der heimlichen Tonaufnahme: Doch die wies das Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien nun ab. Auch, weil es sich bei Fellner um eine Person des öffentlichen Lebens handelt, wie der Richter festhielt. „Ein juristischer Meilenstein“, jubelte Rechtsanwalt Michael Rami, der Wagner vertritt.
Doch ist es wirklich ein Meilenstein?
Unter vier Augen
Sexuelle Gewalt ist für die Öffentlichkeit nicht sichtbar. Ein Übergriff wird selten dokumentiert. Eine unangebrachte Bemerkung findet meist unter vier Augen statt.
Geheime Tonaufnahmen sind rechtlich heikel. Dennoch: Bei sexuellen Übergriffen helfen sie enorm. „Aktuell haben wir einen Fall, da hat eine Frau unabsichtlich zehn Tage lang aufgenommen. Dieses Tondokument spielt jetzt eine wichtige Rolle im Prozess“, sagt Ursula Kussyk vom Bund autonome Frauenberatungsstellen bei sexueller Gewalt (BAFÖ). Nicht die Aufnahme selbst, sondern das Protokoll der wesentlichen Passagen wurde beim Verfahren eingebracht.
Streng genommen ist die Aufnahme nicht verboten, nur die Verwendung. Doch spätestens dann, wenn die Gegenseite die Aussagen bestreitet, und ein „Beweisnotstand“ eintritt, wird auch die Aufnahme oft zugelassen.
Ein Weg, der also geduldet wird. Und der auch den betroffenen Frauen hilft – denn der Übergriff selbst ist nur der Beginn. Was folgt sind Befragungen, Untersuchungen, Rechtfertigungen, Selbstzweifel, Drohungen, Abwertungen und existenzielle Ängste. „Je mächtiger die Gegenseite ist oder je mehr Geld dahinter steckt ... das ist eine Einschüchterung, die auch funktioniert“, weiß die Wiener Opferanwältin Eva Plaz aus der Praxis.
Eine Tonaufnahme ist nicht nur Beweis für andere, auch für die Betroffenen selbst. Und sie kann helfen, in die Offensive zu gehen.
Denn neun von zehn Betroffene sexueller Gewalt oder Belästigung, die bei Anwältin Plaz landen, machen einen Rückzieher. „Die Beweiswürdigung ist immer ein Problem“, sagt die Opferanwältin. Steht Aussage gegen Aussage, gleicht das einer Lotterie.
Kommentare