Seilbahn führt Koalition in Sackgasse

Die Projektbetreiber einer Verbindung der Axamer Lizum mit dem Stubaital wollen zwei LIftstützen auf den geschützten Kalkkögeln errichten. Ein derartiges Vorhaben ist in einem Ruhegebiet verboten.
Ein Brückenschlag über die geschützten Kalkkögel würde Schwarz-Grün wohl platzen lassen.

Es ist ein Versprechen, das schwer wiegt. "Das wird es mit den Grünen bestimmt nicht geben", hatte der Tiroler Klubchef Gebi Mair der Basis versichert, als man ihr im Mai 2013 den Koalitionspakt mit der ÖVP zur Abstimmung vorlegte. Gemeint war ein Zusammenschluss der Skigebiete Axamer Lizum und Schlick 2000 im Stubaital. Der stünde zwar im koalitionsfreien Raum. Ein Brückenschlag über die geschützten Kalkkögel sei aber undenkbar. "Ein Ruhegebiet kann nur einstimmig aufgehoben werden", erklärte Mair mit Bezug auf die Spielregeln in der Regierung.

Ohne die Grünen

Seilbahn führt Koalition in Sackgasse
24-06-2014 //Landespressekonferenz Tirol mit LH Platter und LH Stv.in Felipe zum Thema 100 auf der Autobahn // TIROL-LOKAL-CHRONIK-POLITIK Foto: zeitungsfoto.at
Die ÖVP versucht gerade zu beweisen, dass es vielleicht nicht mit den Grünen, aber möglicherweise ohne sie geht. Sie hat im Juli beschlossen, das Projekt zu unterstützen. Seither ist man auf der Suche nach einer "deutlichen Mehrheit" im Landtag. Die Opposition hat nun Stellung bezogen. Die SPÖ sagte am Donnerstag Nein zum Brückenschlag, auch die Liste Fritz ist dagegen.Vorwärts Tirol und FPÖ würden der ÖVP hingegen eine Mehrheit verschaffen, mit der sie das Naturschutzgesetz ändern könnte. In dem sind die Regeln für Ruhegebiete festgelegt. Seilbahnerschließungen sind in diesen Schutzräumen als Tabu definiert.

Die Standpunkte sind einzementiert. Für Umweltlandesrätin Ingrid Felipe (Grüne) ist das Projekt ein No-Go. Zwei Liftstützen müssten für den Zusammenschluss der Skigebiete in den Kalkkögeln errichtet werden. Sie könnten die Koalition zum Einsturz bringen. Die Grünen sehen eine Änderung des Naturschutzgesetzes nämlich nicht im koalitionsfreien Raum, die ÖVP sehr wohl. "Bei koalitionsfreiem Raum gibt es keinen Interpretationsspielraum. Es kann nicht in der Regierung gelöst werden. Das haben wir schon vor der Regierungsbildung gewusst. Jetzt wird der Landtag sich damit auseinandersetzen", sagt Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP).

Doch tatsächlich käme es wohl einem Koalitionsbruch gleich, wenn die ÖVP das Projekt durchdrückt. Im Arbeitsübereinkommen mit den Grünen heißt es nämlich: "Im Wissen um unsere Verantwortung für das Land und die Menschen bekennen wir uns zu den Schutzgebieten, bei denen Eingriffe undenkbar sind. Diese Bereiche sind durch das Naturschutzgesetz definiert."

Ein Scheitern von Schwarz-Grün wäre für beide Seiten eine Katastrophe. Und Platter zeigt sich überzeugt davon, dass man diese Hürde nehmen kann: "Es ist für mich undenkbar, dass wegen einem Projekt die Koalition aufgelöst wird." Der ÖVP-interne Druck ist groß. Tourismusverbände und Bürgermeister der Region forcieren die Schaffung eines Großraumskigebiets. Sie sehen die wirtschaftliche Zukunft des Stubaitals und des Mittelgebirges auf der anderen Seite der Kalkkögel gefährdet.

Regierungsklausur

Die Koalition steckt in der Frage Brückenschlag in einer Sackgasse, aus der sie nur schwer herausfinden kann. Gelegenheit dazu gibt es im Rahmen einer gemeinsamen Klausur, bei der heute, Sonntag, und am Montag die Köpfe rauchen werden. Einen möglichen Ausweg hat ausgerechnet die Oppositionspartei Vorwärts Tirol aufgezeigt. Die Partei ihr Ja im Landtag daran geknüpft, ob das Vorhaben mit der Alpenkonvention vereinbar ist. In diesem internationalen Abkommen hat sich Österreich zur Erhaltung von Schutzgebieten verpflichtet. Für Walter Tschon von der Tiroler Landesumweltanwaltschaft ist diese Frage deshalb längst geklärt. "Diese Projekt ist rechtlich nicht möglich. Das wäre eine klarer Verstoß gegen die Alpenkonvention. Hier wird ein Prozess weiter betrieben, den es gar nicht gibt."

Der Wintersport hat ab den 1960er-Jahren den Wohlstand in Tirols Täler und Bergdörfer gebracht. Dass dort niemand zurück in die Armut geworfen werden will, ist selbstverständlich. Doch der Streit um die geplante Schaffung eines Großraumskigebiets in der Nähe Innsbrucks offenbart, dass der Tourismus im Land längst an einem neuen Aufbruch arbeiten müsste. Die Befürworter des Brückenschlags über ein Schutzgebiet stützen sich auf eine Studie, die keine Zweifel an der Entwicklung des Skitourismus lässt.

„Der weltweite Markt für Skisport ist gesättigt und zeigt seit Jahren einen klaren Abwärtstrend“, heißt es dort. Hinzu komme die Herausforderung des Klimawandels. Die Konsequenz wird sein, dass über kurz oder lang auch Skigebiete geschlossen werden müssen. Über das Danach hätte man schon nachdenken müssen. Neue Lifte werden kein Allheilmittel bleiben, das Wohlstand auf Dauer sichern kann.

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