„Schock sitzt noch immer tief“: Bankkunden wollen kämpfen
Die Zeit heilt alle Wunden, besagt ein Sprichwort. Doch auch wenn seit dem Bekanntwerden der Pleite der Commerzialbank Mattersburg (CMB) am 15. Juli 2020 ein Jahr vergangen ist, sind Isabella Lichteneggers Ärger und Wut nicht verraucht. Im Gegenteil: Als Privat- und Geschäftskundin hat die 51-Jährige die Insolvenz des Geldinstitutes getroffen.
Mit ihrer auf Facebook gegründeten „Selbsthilfegruppe der Commerzialbank-Mattersburg-Kunden“ wolle sie weiter „für Gerechtigkeit kämpfen“, denn „der Schock sitzt bei vielen Betroffenen noch immer tief“.
Neben der Forderung nach Schadenersatz überlege „ein innerer Zirkel“ auch Amtshaftungsklagen, sagt Lichtenegger.
Viele Menschen hatten nach der Schließung der Bank von einem Tag auf den anderen keinen Zugriff mehr zu ihren Sparbüchern und Konten.
„Wenn du an der Kassa dein Wasser nicht mehr mit der Bankomatkarte bezahlen kannst, ist das schon heftig“, schildert die gebürtige Burgenländerin, die in Wien lebt.
Sie habe sich alleingelassen gefühlt. „Ich habe mir gedacht, dass es vielen anderen so geht wie mir.“
Verzweiflung
301 Mitglieder und mehr als hundert „stille“ Mitleser habe die Selbsthilfegruppe derzeit. Auch wenn seit der Gründung der Online-Selbsthilfegruppe zwölf Monate vergangen sind, bekomme sie noch immer Nachrichten und Anrufe betroffener ehemaliger Bankkunden.
„Erst gestern hat sich eine verzweifelte Dame an mich gewendet.“ Die schwer erkrankte Frau hat – bis auf die Einlagensicherung in der Höhe von 100.000 Euro – ihr gesamtes Vermögen verloren.
Seit einem Jahr ist Lichtenegger mit unterschiedlichen Tragödien konfrontiert. Sie hat es sich u. a. zur Aufgabe gemacht, Betroffene untereinander, aber auch mit Experten, wie Rechtsanwälten, zu vernetzen. Durch Gespräche und dem Weiterleiten von Informationen konnte die Initiatorin schon etlichen Betroffenen Hilfestellung bieten.
Aufarbeiten will Lichtenegger ihr Wissen und ihre Erfahrungen in ihrem Buch „CB. Macht, Gier und Netzwerke“, das Ende 2021 bzw Anfang 2022 erscheinen soll. Darin will sie unter anderem - natürlich anonymisiert - von den Schicksalen Betroffener erzählen.
"Keine konkreten Ergebnisse"
Die Folgen der Bankpleite seien ihrer Meinung nach „aber noch gar nicht alle ersichtlich“. „Warum gibt es ein Jahr später noch immer keine konkreten Ergebnisse, keine Verurteilungen und keinen Schadenersatz“, fragt die Kommunikationsberaterin und Autorin.
Weil es „trotz der Geständnisse der Ex-Bankchefs Martin Pucher und Franziska Klikovits keine Anklagen“ gebe, könnten ehemalige Kunden „mit diesem Skandal auch weiterhin nicht abschließen“.
Kunden nicht als Zeugen geladen
Verärgert sei sie auch darüber, dass die Kunden der Bank nicht als Zeugen im U-Ausschuss geladen waren: „Wir hätten bestätigen können, dass es zu Jubiläen einen Silberbarren als Geschenk gegeben hat. Auch ich habe auch einen solchen erhalten. Aber ich bin ja keine Politikerin", sagt Lichtenegger. Dass Politiker im U-Ausschuss von solchen Geschenken nichts gewusst haben wollen, sei für sie nicht nachvollziehbar.
Trotz allem gebe es auch schöne Momente, schildert Lichtenegger dem KURIER. Einer Mindestpensionistin, bei der der Masserverwalter wegen Überziehung des Kontos Geld eingefordert hatte, konnte durch die Selbsthilfegruppe geholfen werden: Ein Sponsor griff der Frau mit 2.000 Euro unter die Arme.
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