Seit dieser Woche ist klar, wieso sich die Banken derart in Zurückhaltung übten, und offiziell nur von „einigen wenige Safes“ und einer „überschaubaren Zahl von Geschädigten“ sprachen. Tatsächlich geht der Schließfach-Coup als eines der lukrativsten Verbrechen in die österreichische Kriminalgeschichte ein. Die gewieften Täter haben in einer konzertierten Aktion am 13. November zwischen 18 und 23.30 Uhr in drei Bankfilialen in Niederösterreich und Wien Bargeld, Schmuck, Diamanten, Gold und andere Kostbarkeiten im Wert von rund 25 Millionen Euro erbeutet. Weil am Donnerstag noch keine lückenlose Schadensauflistung vorlag, könnte die Summe auch noch höher ausfallen, befürchten Ermittler.
In der Bank Austria in Klosterneuburg knackten die Kriminellen 29 Schließfächer, in der Raiffeisenbank Mödling 31 und in der Raiffeisen-Filiale in Wien-Döbling nochmals acht Safes. Nach der Einvernahme von knapp 50 der Geschädigten, liegt eine Schadensauflistung von mindestens zwölf Millionen Euro vor. „Das ist ein Zwischenergebnis und noch lange nicht alles“, heißt es aus dem Ermittlungsteam.
Der Wiener Rechtsanwalt Wolfgang Haslinger bietet gemeinsam mit der gemeinnützigen Plattform für kollektiven Rechtsschutz COBIN Claims Hilfe für geschädigte Kunden an. Er vertritt bereits zahlreiche Betroffene und hat sich für sie dem Strafverfahren angeschlossen. „Nur was meine paar Mandanten anbelangt, sprechen wir von einer Schadenssumme von mehreren Millionen Euro“, sagt Haslinger. Im Schließfach einer bekannten Society-Lady soll ihren Angaben nach ein Vermögen im Wert von fast fünf Millionen Euro gelegen sein. Wie die hohen Summen zeigen, dürften die Kunden auf die Sicherheit der Schließfächer voll und ganz vertraut haben. Die Institute werben auf ihren Homepages für die besondere Sicherheit bei der Unterbringung persönlicher und unwiederbringlicher Wertgegenstände. Viel benutzter Slogan: Mit einem Banksafe gehen Sie auf Nummer sicher!
Haftungsstreit
Laut den AGB für die Schließfächer, haftet die Bank allerdings „nicht für Schäden, die durch höhere Gewalt, behördliche Verfügungen oder die Einwirkung Dritter entstanden sind“. Demnach würden alle Geschädigten durch die Finger schauen. Nach der Rechtsansicht von Haslinger und dessen Mödlinger Anwaltskollegen Johannes Stephan Schriefl, der ebenfalls zahlreiche Opfer vertritt, sind solche Haftungsbeschränkungen unwirksam und sittenwidrig. „Kunden wird nicht nur etwa auf Homepages mit Sujets von massiven Safes maximale Sicherheit suggeriert, sondern von Beratern auch die besondere Sicherheit der angeblich hochmodernen Schließanlagen zugesagt“, so Haslinger. Wie der Fall zeige, habe es jedoch Sicherheitsmängel gegeben, so die Anwälte.
Nach Informationen des KURIER haben die Täter mit einem Lesegerät am Eingabeschlitz die Bankomat- und Zutrittskarten kopiert. Der dazugehörige Code könnte über eine versteckte Mini-Kamera abgelesen worden sein.
Ob den Kunden ein teil ihres Schadens ersetzt wird, ist völlig offen. „Zu den Haftungsfragen und zu den zu ersetzenden Werten wird die Bank Austria mit den betroffenen Kunden direkt eine Lösung vereinbaren“. Mehr gibt es laut Sprecher Matthias Raftl nicht zu sagen. Auch bei der Raiffeisenbank gibt man sich ähnlich zugeknöpft.
Wie eine Geschädigte dem KURIER berichtet, wurden sie und andere Opfer diese Woche zu einem klärenden Gespräch eingeladen: „Uns wurde mitgeteilt abzuwarten. Der Vorstand werde sich um einen Lösungsvorschlag bemühen“.
Polizei will Details bekanntgeben
Für heute, Freitag, hat die Landespolizeidirektion NÖ ein Zwischenergebnis der Ermittlungen angekündigt. Bestätigt wird derzeit nur ein Schaden in „zweistelliger Millionenhöhe“.
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