Der Baumit-Konzern will sich keine Kämpfe mit Gegnern und der Politik um den 50 Millionen Euro teuren Upcycling-Park in Kematen an der Ybbs liefern und sucht andere Standortgemeinde für das Industrieprojekt
Weil sich im westlichen Niederösterreich immer mehr Widerstand gegen ein Werk zur Wiederverwertung von Alu-Salzschlacke formierte, dürfte eine Tochterfirma des Baumit-Konzerns den geplanten Betriebsstandort Kematen/Ybbs (Bezirk Amstetten) bereits abgeschrieben haben. Bei einer Pressekonferenz in Wien ließ Baumit-Eigentümer Robert Schmid, wie bereits kurz berichtet, deutlich durchklingen, die Lust verloren zu haben, im Ybbstal bauen zu wollen. Stattdessen nutzte er gestern die erste offizielle Informationsveranstaltung zum 50 Millionen-Euro-Projekt gleich, um die Werbetrommel zu rühren. Andere Gemeinden sollen sich als Standort für die neue Technologieanlage melden, rief er auf.
In Anspielung auf den Widerstand, der dem Upcycling-Park in Kematen entgegenschlägt, sagte Schmid, er wolle in keinen politischen Kleinkrieg geraten, „deshalb ziehen wir Leine“. Inkompetenz und Uninformiertheit, aber auch der Unwillen, sich mit der innovativen Technik auseinanderzusetzen, würden hinter dem Widerstand stecken, beklagte Schmid.
Wie berichtet hat die SPÖ Kematen wegen fehlender Informationen und massiver Bedenken eine Online-Petition gegen das Werk der Baumit-Tochter Bio-Brennstoffe Gmbh installiert. Bis gestern unterschrieben 460 Gegner.
Von politischen Entscheidungsträgern in der Region sei ihm mitgeteilt worden, dass sich der Standort auf verbrannter Erde befinde, so Schmid. Noch immer ist in der Region der Widerstand gegen das geplante Alu-Schmelzwerk SMA, das samt Müllverbrennung vor 30 Jahren bei Kematen gebaut werden sollte, allgegenwärtig. Österreichs damals größte Bürgerbewegung marschierte auf. Das Projekt wurde schließlich vom damaligen Landeshauptmann Erwin Pröll politisch gestoppt, zwei Dutzend Gemeinden kauften das Betriebsareal.
Die Bürgerinitiative „Entscheide Mit“ von einst hat sich nach drei Jahrzehnten nun wieder formiert, um gegen den „Upcycling-Park“ anzutreten.
Recycling-Erfahrung
Schmid und Bio-Brennstoffe-Chef Eberhard Reil sprachen von langjähriger Recycling-Erfahrung im Unternehmen bei der Zementerzeugung. Zu 79 Prozent haben Ersatzbrennstoffe Kohle, Gas und Öl abgelöst. Die neue Technologie stelle einen perfekten Kreislauf dar. Die Abgas- und Umwelttechnik entspreche immer dem aktuellen Stand der Technik.
Nicht recyclbare Abfälle, wie Salzschlacke sowie Reste aus Papier- und Kunststoffrecyclingprozessen würden zu hochwertiger Tonerde und sogar medizinischem Sauerstoff umgewandelt. Schmid und Reil sprachen von einem innovativen „Green Deal“. Die Abfälle werden in synthetisches Gas verwandelt, das durch Verbrennung den hohen Energiebedarf für die Tonerdeproduktion liefert.
Importersatz
Tonerde ist als Bindemittel für Schnellbindezement begehrt. 40.000 Tonnen sollten in Kematen jährlich produziert werden. Teure Bauxit-Importe, meist aus Asien, könnten ersetzt werden. Durch das Werk, geplant in einer stillgelegten zum Konzern gehörenden Wopfinger-Schottergrube an der B121, sollten 50 „Green Jobs“ entstehen. Für die Region würde sich durch die zusätzlichen Aufträge die Zahl der Jobs aber vervierfachen, so Schmid. Die Standortgemeinde könne jährlich mit 100.000 Euro Steuereinnahmen rechnen. 31 Lkw-Fahrten würde das Werk pro Tag verursachen. Bis zum Winter wolle man nun im Inland nach Ersatzstandorten Ausschau halten, ansonsten könnte die Investition im nördlichen Ausland stattfinden, so Schmid. NÖ und OÖ seien bevorzugte Gebiete. Das zur Vorbegutachtung bei den Behörden eingereichte Werk in Kematen verfolge man nicht mehr mit größtem Nachdruck, erklärte Reil.
Aufhorchen ließ Grünen-Chefin Helga Krismer. Neue Technologie im Abfallbereich dürfe nicht prinzipiell abgelehnt werden, in Kematen sei das Werk allerdings gesellschaftlich nicht tragbar, erklärte sie. Stattdessen sollten die Ecoplus und die ÖVP nach einem besseren Standort in NÖ suchen, forderte sie.
Fakten: Der Baumit-Konzern erzeugt Zement, Mörtel und Putze, sowie Dämmstoffe für den Baubereich und ist in 25 Ländern vertreten. Bei 4.300 Mitarbeitern wird ein Umsatz von 1,3 Milliarden Euro erzielt. Die Bio-Brennstoffe GmbH ist seit 15 Jahren aktiv und betreibt in Oberwaltersdorf ein Werk mit 20 Mitarbeitern. Umsatz: 7,6 Millionen Euro
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