Koalitionsverhandlungen geplatzt: Wie reagieren Landespolitiker?
Der Absprung der Neos aus den Koalitionsverhandlungen im Bund kam auch für Politikerinnen und Politiker in den Bundesländern überraschend.
Der KURIER hat Reaktionen eingeholt.
Hans Peter Doskozil (SPÖ) rechnet mit einer Expertenregierung und Neuwahlen. Für die SPÖ sieht er aufgrund des historisch schlechtesten Abschneidens beim Urnengang im September weiterhin keinen Regierungsauftrag, betonte Burgenlands Landeshauptmann.
"Ein Schildbürgerstreich"
Man sollte nun also auch nicht damit liebäugeln, eine türkis-rote Regierung mit einem Mandat Überhang zu bilden: "Das wäre ein Schildbürgerstreich."
Im Burgenland wird am 19. Jänner gewählt, Doskozil zeigte sich über das Scheitern der Dreier-Koalition "nicht unglücklich. Ich war von Haus aus kein Freud dieser Koalition."
ÖVP-Landeshauptmann Wilfried Haslauer, der in Salzburg mit der FPÖ regiert, nennt den Abbruch der Koalitionsverhandlungen gegenüber dem KURIER "angesichts der großen Herausforderungen, vor denen Österreich steht, bedauerlich."
Nichtsdestotrotz gelte es mit Nachdruck "an einer tragfähigen Regierung für Österreich zu arbeiten". Wie diese aussehen soll, ob etwa Gespräche mit der FPÖ aufgenommen werden sollen, dazu hält sich Haslauer derzeit bedeckt und meint nur: "Die Entwicklungen der nächsten Tage sind nun abzuwarten.“
Ähnlich reagiert ÖVP-Landeshauptmann Markus Wallner in Vorarlberg, der seit Herbst ebenfalls die FPÖ als Koalitionspartner hat. Der Ausstieg der Neos aus den mehrmonatigen Verhandlungen sei "bedauerlich", erklärt auch er gegenüber dem KURIER. "Denn aus meiner Sicht hätte es weitgehende inhaltliche Übereinstimmungen zwischen der Bundes-ÖVP und den NEOS gegeben."
"Es wäre gerade derzeit – im dritten Jahr einer Rezession – wichtig, die Wirtschaft rasch und gezielt anzukurbeln und die notwendige Budgetsanierung anzugehen. Dafür braucht es möglichst schnell eine handlungsfähige Regierung“, fordert Wallner.
Der burgenländische ÖVP-Landesparteiobmann Christian Sagartz ließ hingegen wissen, "besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende." Er sprach sich für einen "grundlegenden Neustart" aus: "Alle Optionen gehören auf den Tisch. Es darf keine Denkverbote geben."
In der Tiroler ÖVP wird der abrupte Abbruch der Koalitionsverhandlungen in Wien zur Kenntnis genommen, heißt es auf Anfrage. "Österreich braucht dennoch rasch eine arbeitsfähige Regierung, die für die Menschen im Land arbeitet. Das was in Tirol gelingt, nämlich zu arbeiten anstatt zu streiten, sollte auch im Bund möglich sein".
Landeshautpmann Anton Mattle hat sich bisher noch nicht persönlich zu Wort gemeldet. Auch der Wirtschaftsbund seiner Partei hält sich vorerst noch zurück. Dessen Obfrau, Wirtschaftskammer-Präsidentin Barbara Thaler, meint zum Scheitern der Gespräche.
„Wir haben von Anfang an klargestellt, dass es ein Regierungsprogramm um jeden Preis mit uns nicht geben wird - es geht um Standort, Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand. Dafür braucht es Entbürokratisierung, Fairness im Steuersystem und ein Bekenntnis zu Leistung – das waren und sind die Forderungen der Wirtschaft", sagt sie.
"Auf diesen Forderungen bleiben wir drauf. Wie auch immer es weitergeht." Und genau das ist nun die große Frage.
Die steirische Vizelandeshauptfrau Manuela Khom (ÖVP) sprach sich am Freitag bereits dezidiert gegen Neuwahlen aus: "Gerade in einer Zeit, in der unser Land vor so vielen Herausforderungen steht – von der ernsten wirtschaftlichen Lage bis zu den Problemstellungen, die die Migration mit sich bringt – braucht es schnell eine handlungsfähige Regierung, die für die Österreicherinnen und Österreicher arbeitet. Neuwahlen und einen langen, lähmenden Wahlkampf können wir uns jetzt jedenfalls nicht leisten.“
"Politische Pattstellung"
Alle Parteiobleute seien "gefordert, ein paar Schritte zurück zu gehen und gemeinsam so rasch wie möglich eine Lösung für diese politische Pattstellung zu finden", merkte die geschäftsführende ÖVP-Landesparteiobfrau an.
Sie macht die SPÖ für das Scheitern der Gespräche verantwortlich: "In der Steiermark sind wir es gewohnt, dass die SPÖ Reformen mitträgt. Es ist schade, dass das in Wien scheinbar nicht möglich ist."
Herbe Kritik der ÖVP an der SPÖ
Khoms Parteikollege in Wien, Karl Mahrer, sieht das ebenso: "Die SPÖ lässt Österreich im Stich. Leider haben die links-linken Kräfte rund um Andreas Babler, die auch in der Wiener SPÖ namhafte Unterstützer haben, in der Sozialdemokratie derzeit die Oberhand – damit treiben sie die SPÖ in die Handlungsunfähigkeit."
Nötig sei eine Regierung die Probleme löse statt "Ideologiekriege zu führen", kommentiert der Wiener ÖVP-Chef - und fordert "personelle und inhaltliche Konsequenzen" innerhalb der Sozialdemokratie.
"Gegenseitiges Abputzen"
Die Wiener Grünen warfen den Verhandlern vor, davon zu laufen: "Es ist vollkommen unverständlich, monatelang zu verhandeln und am Ende vor der Verantwortung davonzulaufen", merkte Landesvorsitzende Judith Pühringer an. "Wir haben die letzten Wochen ein trauriges Schauspiel des gegenseitigen Abputzens gesehen."
Die in Wien mitregierenden Neos hätten nun "viel Vertrauen verspielt. Das mischt die Karten für die Wien-Wahl auch nochmal neu."
Mario Leiter, SPÖ-Landesparteiobmann in Vorarlberg, bedauert indes den Schritt der Neos: "Diese Dreierkoalition wäre eine echte Neuerung für Österreich gewesen."
Das Scheitern sei aber Schuld der Pinken: Die Ursache liege "vor allem im Beharren der Neos auf der Erhöhung des Pensionsantrittsalters. Auch haben die Neos darauf bestanden, die Mehrwertsteuer auf 22 Prozent anzuheben." Das sei mit der SPÖ aber nicht machbar, so Leiter.
SPÖ entscheidet über Fortsetzung der Gespräche
Nun sei Van der Bellen am Zug: Der Bundespräsident müsse entscheiden, ob er weiterhin ÖVP-Obmann Nehammer mit der Regierungsbildung beauftragt. Die SPÖ werde jedenfalls noch am Freitag in einem Präsidium festlegen, ob sie die Gespräche mit der ÖVP fortsetzt.
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