Prozess: Mietverträge für Flüchtlinge gab es in der Pizzeria

Flüchtlinge aus aller Welt kamen Hilfe suchend in eine Pizzeria in Wien-Rudolfsheim-Fünfhaus. Es sprach sich schnell herum, dass die Besitzerin Wohnungen vermittelt. „Ich wollte eigentlich nur helfen, denn normale Vermieter nehmen diese Leute nicht“, sagte die Restaurantbetreiberin am vergangenen Montag am Wiener Landesgericht.
Anfangs wollte sie vielleicht helfen, doch bald sollte daraus ein lukratives Geschäftsmodell werden – das wirft ihr zumindest die Staatsanwaltschaft vor: Die Frau wurde wegen Sachwuchers in zumindest 13 Fällen angeklagt.
Gemeinsam mit einem Freund, der Makler bei einer großen Immobilienfirma ist, soll sie die Zwangslage der Asylwerber und Schutzberechtigten ausgenutzt haben, um sich selbst zu bereichern. Der Makler soll verschiedene Bauträger angesprochen haben, um Wohnungen in teils leer stehenden, baufälligen Häusern, die eigentlich umgebaut werden sollten, befristet vermieten zu können.
Wohnung ohne Boden
Die Provision, die sich die beiden aufteilten, soll über dem gesetzlichen Rahmen gelegen haben. Bei befristeten Mietverträgen von unter drei Jahren darf die Provision höchstens einen Monatsmietzins betragen. Als Rechnungen für getätigte Zahlungen dienten teils Schmierzettel und die Wohnungen – sie hatten teilweise keine Böden mehr. „Sie haben mir versprochen, dass die Wohnung noch renoviert wird“, schilderte eine Somalierin der Richterin. Das passierte nicht.
Ob die Frau verstanden hätte, wie sich die Kosten aus Miete, Kaution, Provision und Mietzinsvorauszahlung zusammensetzten, will die Richterin wissen. „Nein, ich habe vorher nie eine Wohnung gemietet“, antwortet die Frau.
Die Verträge wurden in großen Runden in der Pizzeria verhandelt, Geld wurde über den Tisch gereicht, Übersetzer waren nur teilweise anwesend. Die Nachfrage sei so groß gewesen, die Angeklagte erzählt von Hunderten Anfragen von Flüchtlingen.
„Weil sie von staatlichem Geld leben und das nicht pfändbar sei, bekommen sie keine Wohnung und konnten nur zu uns kommen“, meint sie. Die beiden Angeklagten beteuern ihre Unschuld: Sie hätten Geld, das die Flüchtlinge im Voraus zu viel gezahlt hätten, immer zurückgezahlt.
Prozess vertagt
Die Flüchtlinge wissen davon nichts, Zahlungsbestätigungen seien auch da nicht im Spiel gewesen – obwohl der Makler welche bei der Polizei vorlegte. Der Staatsanwalt weitete die Anklage aus – die Rechnungen sollen im Nachhinein gefälscht worden sein. Der Prozess wurde vertagt, ein Urteil ist noch ausständig.
Die Somalierin wohnte zum Zeitpunkt des Prozesses übrigens immer noch in der von den beiden Angeklagten vermittelten Wohnung: „Aber heute ist mein letzter Tag“, sagte sie glücklich.
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