500 Euro für ein schimmliges Zimmer in einem illegalen Quartier
"Bitte, kommen Sie", sagt Mohammad und lädt uns in das Zimmer seiner Familie ein. Zwei Betten stehen darin, fünf Menschen wohnen darin. Mohammad, seine Frau Yasmeen und drei Kinder. Die Kinder schlafen in den Betten, Mohammad und seine Frau schlafen auf einem Teppich und Matratzen auf dem Boden. "Bitte, helfen Sie", sagt Mohammad.
500 Euro zahlt der Syrer für dieses Zimmer in einem Haus in der Leberstraße im Simmeringer Industriegebiet. Nichts lässt von außen darauf schließen, dass in dem Haus Menschen wohnen könnten. Im Untergeschoß ist eine Werkstatt untergebracht, genauso wie gegenüber. Im Obergeschoß dieses Hauses bewohnen etwa 40 syrische Flüchtlinge 13 Zimmer, die nur notdürftig mit Möbeln ausgestattet sind.
Ungeziefer
Zwei Duschen gibt es, beide schimmeln. In der Küche rostet der Elektroherd, nur drei von acht Herdplatten funktionieren. Es gibt Ungeziefer – nicht nur in der Küche.
Strafantrag gestellt
Vor allem hätten Bilal und seine Familie gar nie dort sein dürfen. Denn das Haus ist illegal bewohnt. Es steht mitten im Industriegebiet, es liegt keinerlei Widmung vor, die das Wohnen dort erlaube. "Wir haben bereits einen Strafantrag eingebracht", sagt Hannes Kirschner von der Wiener Baupolizei. Vor Jahren sei das Haus, das ursprünglich als Fabrik genutzt wurde, illegal umgebaut worden. Schon kurz danach dürfte es – ebenfalls illegal – als Arbeiterquartier genutzt worden sein. "Der ganze Umbau ist aus unserer Sicht baubehördlich unzulässig gewesen", sagt Kirschner.
Gegen Vermieter Rozdeiar Y. war heuer ein Verfahren wegen Mietbetrugs anhängig, er wurde freigesprochen. Gegen den Grundstückseigentümer Eduard L. wurde laut Staatsanwaltschaft Wien 2008 ein Betrugsverfahren eingestellt.
Wohnraum gesucht
Das hat etwa Studentin Julia Rainer erlebt. Sie hat eine Wohnung für Mutter und Bruder ihres syrischen Bekannten Hakam (21) gesucht. Hakams Mutter und sein Bruder wohnten damals auch in dem genannten illegalen Flüchtlingsquartier in Simmering. "Vermieter reißen sich nicht wirklich darum, ihre Wohnungen Flüchtlingen zu geben", sagt Julia Rainer. Dazu kommt, dass oft ein Einkommensnachweis über die vergangenen drei Monate erbracht werden muss. Das können Geflüchtete nicht leisten. Der Erhalt der Mindestsicherung sei vielen Vermietern zu riskant, denn die kann im Falle der Zahlungsunfähigkeit nicht gepfändet werden. Ein Vermieter etwa habe Rainer wissen lassen: "Mit Asylstatus bekommt man Mindestsicherung? Geil. Ich sollte auch auswandern." Und nachdem den Vermieter für seine Wohnung "mehr als 100 Anfragen" erreich hätten, halte er die Chance von Hakams Mutter, die Wohnung zu bekommen, für "ziemlich gering".
Info Wohnraumspende
Wer privat adäquaten Wohnraum spenden möchte, kann sich an die Caritas Wien wenden. Entweder per eMail unter wohnraumsuche@caritas-wien.at oder per Telefon: 01/ 890 48 31 (Montag bis Freitag, 9 - 15 Uhr).
Die Wohnberatung der Diakonie ist unter 01/905402472 oder wohnberatung.wien@diakonie.at erreichbar (Montag und Donnerstag 10 bis 16 Uhr, Mittwoch 10 bis 18 Uhr)
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