Prozess: Die angebliche Läuterung des Nazi-Rappers Mr. Bond

Prozess: Die angebliche Läuterung des Nazi-Rappers Mr. Bond
Der 37-jährige Kärntner Philip H. soll Judenhass und Nationalsozialismus in seinen Liedern verbreitet haben. Er ist geständig.

Im Großen Schwurgerichtssaal des Landesgerichts für Strafsachen in Wien hört man viel. "Musik" ist dennoch etwas Neues. Es sind Rap-Beats, die sich mit Judenhass und Nazi-Parolen paaren. "Adolf ist zurück. Jetzt wird in Deutschland wieder scharf geschossen", lautet eine Liedzeile. Oder: "Die Welt wird nicht gut, so lange der Jude existiert." Dazwischen immer wieder ein "Yeah, yeah." Die zahlreichen Prozessbesucher hören betreten zu.

Die Lieder stammen von Nazi-Rapper Mr. Bond. Er singt hochdeutsch, preist das Deutsche Reich. Und saß daheim in seinem Kinderzimmer in Kärnten. Der Attentäter von Halle hörte seine Songs, ehe er zur Waffe griff und zwei Menschen erschoss. In der Szene ist Mr. Bond eine Ikone. In U-Haft bekam er Fanpost von Gleichgesinnten aus Kanada und den USA.

Am Dienstag im Gerichtssaal sitzt die Realität. Philip H., 37, hält einen Block mit einem großen, gelben Smiley vor sein Gesicht. Der ledige Kärntner trägt Vollbart, hat schütteres Haar, trägt ein schwarzes Poloshirt. Genauso wie sein mitangeklagter jüngerer Bruder (32 Jahre).

"Schuldig", erklärt Mr. Bond. Und er verliest eine vorbereitete Stellungnahme. "Hohes Gericht! Sämtliche Vorwürfe aus der Anklageschrift sind richtig."

Und im nächsten Satz erklärt er, seit der Untersuchungshaft geläutert zu sein. "Ich war verblendet. Ich möchte mich aufrichtig entschuldigen. Es tut mir leid."

Weitere Fragen? "Bitte nicht."

Steckbriefe

Auch sein Bruder bekennt sich teilschuldig. So gibt er zu, Betreiber der Homepage "Judaswatch" zu sein. Auf der Seite wurden Juden und angebliche Verräter mit Steckbriefen veröffentlicht. Hinterlegt mit einem gelben Judenstern. Auch er verliest eine vorbereitete Stellungnahme. Nachfragen blockt er ab. "Kein Kommentar."

Zumindest die Staatsanwaltschaft thematisiert die Vorgeschichte der Brüder, wenn auch nur oberflächlich. Sie stammen aus einem stabilen Familienverband, sind gebildet. Philip H. lebte zuletzt im Elternhaus. Über seinem Bett hängt eine NS-Fahne.

Der Bruder wurde bereits in jungen Jahren auffällig. Bei einem Schulausflug zeigte er den Hitlergruß.

Die Verfassungsschützer wurden nach dem Attentat von Halle verstärkt auf Mr. Bond aufmerksam. Bei den Ermittlungen stießen sie auf eine Selbstbeschreibung. Mr. Bond bezeichnete sich als "Nazi-Rapper from Austria." Zudem stießen sie auf ein Foto, das den Gesuchten in Fügen im Zillertal zeigte.

"Wir haben dann versucht, über ein angegebenes PayPal-Konto herauszufinden, wer dahinter steckt", schildert ein Verfassungsschützer. Die Spur führte zu Philip H. Mit seiner Musik machte der Arbeitslose gar nicht wenig Geld. Mehrere hunderttausend Mal wurde seine Musik downgeloaded. Auf seinem Bitcoin-Konto fanden sie schließlich ein Guthaben von umgerechnet 25.000 bis 28.000 Euro.

Brandgefährlich

Die Verfassungsschützer stufen den angeblich geläuterten Philip H. als brandgefährlich ein. Er könnte selbst ein Attentat begehen. Denn: Im Internet suchte er auch nach Selbstbau-Waffen aus dem 3D-Drucker. Genau mit so einer Waffe hatte der Halle-Attentäter zugeschlagen. Außerdem fand man Fotos von ihm, die ihn auf einem Schießstand zeigen.

"Er hat das wirklich verinnerlicht", lässt der Ermittler keinen Zweifel offen.Und sein - kaum vorhandenes - Privatleben mache Philip H. für derartige Aktionen anfällig. "In der virtuellen Welt war er erfolgreich. Außerhalb davon war er nicht gerade erfolgreich." Der arbeitslose Philip H. habe seine gesamte Lebensenergie in die NS-Verherrlichung gesteckt. "Und er sucht für alles einen Schuldigen, weil es ihm so schlecht geht. Abgesehen von seinen Brüdern hat er kaum soziale Kontakte."

Am Donnerstag sollen die Urteile fallen.

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