Dass es in Wien zu wenige Kinderärzte gibt, ist ein seit Jahren ungelöstes Problem. Zahlen, die nun die Wiener Grünen erhoben haben, zeigen, dass es innerhalb der Stadt enorme regionale Unterschiede in der Versorgungsdichte gibt.
So gibt es im Nobelbezirk Hietzing immerhin neun Kinderärzte pro 100.000 Einwohner. Im Nachbarbezirk Penzing sieht die Lage schon anders aus: Auf 100.000 Einwohner kommt hier gerade einmal ein Kinderarzt. Dieselbe schlechte Quote gilt auch für die Brigittenau.
Hinzu kommt: Nicht jeder Kinderarzt ist für die breite Bevölkerung versorgungsrelevant: Von den Ordinationen für Kinder- und Jugendheilkunde waren laut Zahlen aus 2019 nur mehr 42 Prozent Kassenpraxen, der Rest – also deutlich mehr als die Hälfte – Wahlarztordinationen. Seither hätte sich die Situation nicht verändert, betont man bei den Wiener Grünen.
Nicole Grois, Kinderärztin im 9. Bezirk, warnt bereits vor einen „Kollaps der Kassen-Kindermedizin“, der unmittelbar bevorstünde. Denn viele der ohnehin spärlich gesäten Kinderärzte würden bald in Pension gehen, Nachfolger sei oft keiner in Sicht, wie sie beklagt.
„Tödliche Konkurrenz“
Scharf ins Gericht geht sie mit der boomenden Privat- und Wahlarztmedizin: „Sie ist eine tödliche Konkurrenz des solidarischen Gesundheitssystems und hat die Kassenmedizin umgebracht, wird aber von Kammer wie Kassa akzeptiert“, lautet der Befund der Ärztin.
Das Problem dabei: Nicht jeder kann sich einen Wahlarzt-Besuch leisten. 150 Euro pro Termin sind keine Seltenheit, oft sind es sogar bis zu 220 Euro. Zwar gibt es eine Rückerstattung von der Kassa, sie macht aber nur 80 Prozent jenes Tarifes aus, den sie einem Vertragsarzt für dieselbe Leistung bezahlt.
Kaum Fortschritte
Zuletzt gab es Bestrebungen, mit kindermedizinischen Ambulanzen die Versorgungsnot etwas zu lindern. Solche haben im 2. und 5. Bezirk eröffnet. Weiters gibt es die Idee, nach Vorbild der Allgemeinmedizin auch spezielle Primärversorgungseinheiten (PVE) für Kinder zu ermöglichen. Im Hickhack zwischen Politik, Ärztekammer und Kassen gibt es aber – wie berichtet – nur wenige Fortschritte.
Auf die Errichtung solcher Kinder-PVE pocht auch die grüne Gesundheitssprecherin Barbara Huemer.
Auch sie zeichnet ein dramatisches Bild der Versorgungslage. „Die jungen Patienten wie auch die Kassenkinderärzte werden vom Gesundheitssystem im Stich gelassen“, sagt sie. „Die Praxen sind übervoll und nehmen keine neuen Patienten auf. Die Alternative, Wahlärzte, können sich viele Eltern nicht leisten.“
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