Auch wenn der Zuzug die Schulen vor enorme Schwierigkeiten stellt: „Die Schule muss einen Beitrag dazu leisten, dass wir nicht in eine Zwei-Klassen-Gesellschaft abgleiten“, meint Doris Pfingstner, Direktorin einer Mittelschule in Wien-Donaustadt. „Schließlich ist die Schule oft der einzige Ort, an dem Kinder Kontakt zur österreichischen Kultur und zur österreichischen Lebensart erhalten.“
Oft fehlt es an Zusatzpersonal
Doch Schulen werden oft mit ihren Problemen alleingelassen – an besonders schwierigen Standorten fehlt es auch an Zusatzpersonal wie Sozialarbeitern und an Rückendeckung durch die Bildungsdirektion, wenn es etwa um das Thema Gleichstellung von Mann und Frau geht, wie eine Lehrerin kurz vor den Ferien im KURIER berichtete.
Integration und Spracherwerb erleichtern
Pfingstner regt an, neu zugewanderte Familien so zu begleiten, dass sie ihre Kinder in einen Kindergarten geben können oder auch die vielfältigen Gratis-Freizeitangebote nutzen. Das alles könnte die Integration und den Spracherwerb erleichtern und die Schulen entlasten.
Für all diese Herausforderungen braucht es ausreichend Personal.
Doch woher nehmen? Ob wirklich nächste bzw. übernächste Woche in jeder Klasse eine Lehrperson steht, „wird sich erst mit Schulbeginn zeigen“, weiß Kimberger aus Erfahrung. Es gibt immer wieder Fälle, dass Pädagoginnen und Pädagogen krank werden oder aus sonstigen Gründen ihren Dienst nicht antreten können.
Überrascht über die Realität im Klassenzimmer
Manche geben auch nach ein paar Tagen wieder auf: „Junglehrerinnen und -lehrer sind oft überrascht, wie die Realität im Klassenzimmer ausschaut. Wir haben hier offensichtlich einen Optimierungsbedarf in der Ausbildung.“
Konkret fordert der Gewerkschafter, dass es mehr Praxisbezug während des Lehramtsstudiums gibt – und zwar ab dem 1. Semester: „Manche merken dann sehr schnell, dass sie das falsche Studium gewählt haben“, gibt Kimberger zu bedenken. „Und natürlich würden bessere Rahmenbedingungen dazu führen, dass mehr junge Menschen sich für den Beruf erwärmen und ältere Kollegen länger bleiben.“ All das könnte den Lehrermangel mindern.
Doch nicht nur an Lehrkräften mangelt es, sondern auch an Schulleitungen. Engagierte Pädagogen, die gestalten wollen, tun sich das oft nicht an, weil sie ihre Konzepte – seien sie noch so erfolgreich – nicht umsetzen können. Oft müssen sie die Widerstände der Schulverwaltung überwinden, die die Direktoren eigentlich unterstützen sollten.
Viele Schulleiter beklagen etwa die vielen Testungen, die gemacht werden müssen. „Schülerleistungen anhand von Daten zu analysieren halte ich zwar für gescheit“, meint dazu Pfingstner. Sie beobachte aber, „dass das Handwerkzeug der Datenanalyse oft zum Selbstzweck wird. Viel wichtiger ist doch, diese zu nutzen, um eine visionäre Pädagogik zu entwickeln.“
"Eigene Wege gehen"
Es sei zwar gut, wenn man Schulen gewisse Ziele vorgebe: „Doch dann sollte man die Schulen ermutigen, die Freiheiten der Schulautonomie auszuschöpfen. So könnten sie ihre eigenen Wege gehen, um dieses Ziel zu erreichen.“
Doch was soll man erreichen? In einer Schule, in der kaum ein Kind zu Hause Deutsch spricht, ist das etwas anderes, als in einer Schule, in der fast nur Akademikerkinder sitzen. Das führt dazu, dass Noten oft nichts darüber aussagen, was ein Kind kann. Das ist sowohl für aufnehmende Schulen als auch für Arbeitgeber ein Problem.
Abhilfe könnte eine Mittlere-Reife-Prüfung schaffen, wie sie Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung fordern. Doch das ist Zukunftsmusik.
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