Die Tops und Flops im Bildungssystem
Die Zeugnisvergabe ist ein alljährliches Ritual vor den großen Ferien. Nur selten bewertet wird das Schulsystem als solches. Der KURIER hat sich acht Bereiche angeschaut – und die Leistungen verbal beurteilt.
- Schülerleistungen
Österreich ist bei PISA nur Mittelmaß. Doch wer will sich mit Ländern wie Singapur oder Japan vergleichen – gedrillte Kinder will hier niemand. Schaut man sich die Statistik genauer an, fällt auf: Innerhalb Europas liegt Österreich im oberen Mittelfeld – und das trotz höchst heterogener Schülerschaft. Es gibt im System offensichtlich hoch motivierte Lehrkräfte, fleißige Schüler und bildungsaffine Eltern. Fazit: Das habt ihr toll gemacht.
- Migration / Familiennachzug
In keinem EU-Land gibt es so viele Schüler mit Migrationshintergrund wie in Österreich – nur in Deutschland sind die Zahlen ähnlich. Im Schnitt hinken diese Kinder um zwei Jahre hinterher, der Familiennachzug erschwert die Sache. Ein Konzept, wie die Schule darauf reagieren soll, gibt es bis heute nicht. Auch PISA-Siegerländer wie Finnland taugen da nicht als Vorbild – dort ist die Leistungsdifferenz noch höher. Ideen sind hier dringend gesucht. Von den politisch Verantwortlichen kamen bisher keine praktikablen Lösungsansätze. Fazit: Keine Zeit mehr zum Wegschauen – sofort handeln.
- Kindergarten Bildung
wird in Österreich erst ab Schulbeginn gedacht. Dabei liegen die entscheidenden Jahre für die Entwicklung eines Kindes vor dem 6. Lebensjahr. Viele Elementarpädagoginnen leisten zum Glück gute Arbeit. Würde man die Kindergärten allerdings mit ausreichend Ressourcen ausstatten, könnten sie weitaus mehr leisten – und die Schulen hätten viele der aktuellen Probleme nicht. Botschaft an Pädagogen: Hut ab! An die Politik: Da gibt es noch sehr viel Luft nach oben.
- Digitalisierung
Corona hat einen wahren Digitalisierungsschub in den Schulen bewirkt – mittlerweile hat so gut wie jeder Schüler ein digitales Endgerät. Zudem wurde das Schulfach „Digitale Grundbildung“ eingeführt. Allerdings wird der Umgang mit Laptop, Social Media und Internet an den Standorten höchst unterschiedlich vermittelt – das reicht von „bravo, fantastisch“ bis „na ja“.
- KI
Die künstliche Intelligenz verändert den Schulalltag: Schülerinnen und Schüler verwenden sie, um Matheaufgaben zu lösen, Aufsätze zu schreiben oder Referate zu machen. Das träge Schiff Bildungssystem ist gerade erst dabei, Antworten auf diese rasante Entwicklung zu finden. Fazit: Damit man den Wettlauf gegen die Zeit nicht verliert, sollte man früh mit dem Arbeiten beginnen.
- Gemeinsame Schule
Mit der Einführung der neuen Mittelschule versuchte man, die frühe Trennung der Schülerinnen und Schüler zu überwinden. Deshalb wurde viel Geld in das System gesteckt – allerdings mit mäßigem Erfolg: Mittelschulen sind teuer, brachten aber nur unwesentliche Verbesserungen der Schülerleistungen. Fazit: So macht man keine Werbung für eine gemeinsame Schule.
- Datenbasierter Unterricht
Beispiele wie Hamburg oder London machen es vor: Sie nutzen Leistungsdaten der Schüler, um den Unterricht zu optimieren. Auch in Österreich werden Daten gesammelt, aber leider viel zu wenig genutzt. Dringend notwendig: Keine Angst vor Zahlen.
- Berufsbildende Schulen / duales System
Zum Schluss eine gute Nachricht: Die berufsbildenden Schulen und die duale Ausbildung sind international einmalig. Schade, dass die Lehre bei manchen keinen guten Ruf hat – da müssten viele umdenken. Insgesamt aber ein großes Lob: Es geht nicht besser. Weiter so!
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