Verdeckte Arbeit
„Im Kampf gegen die Roadrunner-Szene schalten wir nun einen Gang höher“, sagt Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) im Zuge der Schwerpunktaktion Freitagabend. Zu diesem Zweck wurden diese Woche an die Landesverkehrsabteilungen 27 leistungsstarke zivile Golf-GTI, Audi S3 und Cupra übergeben. Damit wollen sich die Beamten getarnt an die Auspuffe der Rowdys heften.
Auf Parkplätzen wird gedriftet, auf langen geraden Straßen wie der Triester Straße in Favoriten, am Gürtel oder der Reichsbrücke werden illegale Rennen veranstaltet. In Wien gibt es diese PS-Kultur von Beschleunigungsrennen auf Straßen, auf denen nur 50 km/h erlaubt sind, bereits seit 20 Jahren. Die Hotspots, wie Tankstellen mit nahe liegenden Fastfood-Restaurants und Waschstraßen, sind besonders beliebt, sagt Losko. „Man vergleicht den Auspuff und schaut, wer mehr Lärm machen kann. Wer hat das schönste Auto und die teuersten Teile? Zu gefährlichen Situationen kommt es aber erst durch den Übermut auf der Straße“, sagen die Beamten.
Die Szene scheint immer weiter zu wachsen. Warum? In Zeiten von Corona war sonst nicht viel zu tun. Man durfte nicht ausgehen, aber Autofahren war erlaubt. Viele suchen den Adrenalinkick, heißt es bei der Exekutive. Mittels Social-Media-Kanälen, wie etwa dem Instagram-Account „Vienna Tuning Szene“, machen sich die Autofreaks binnen Sekunden neue Treffpunkte aus, wo Hunderte Autofahrer auch aus anderen Bundesländern „Gummi geben“. Oft sind die Uniformierten machtlos. Wenn an einem Wochenende Führerscheine abgenommen und Kennzeichen abmontiert werden, sind Tage später schon die nächsten Unbelehrbaren unterwegs. „Viele unserer Polizisten sind Kfz-Techniker und wissen ganz genau, wenn etwas illegal getunt wurde“, erklärt Losko. Die Gefahr dabei: Bremsen oder Felgen, die nicht zum Fahrzeug passen, können zu schweren Verkehrsunfällen führen.
Fahrer unter Drogeneinfluss sind ein eigenes Kapitel. Erweiterte Pupillen, schwankender Gang, rötliche Augen sind erste Warnsignale. Bei Großaktionen sind auch Amtsärzte vor Ort.
Losko stoppt einen schwarzen Polo. Drei junge Männer sitzen im Auto. Dem Polizisten fallen die Felgen des Wagen auf: „Gibt es dafür eine Typisierung?“ Die Mitfahrer beobachten die Szene bedrückt. „Er hat sich die Felgen ganz neu gekauft, sie sind halt auffällig“, sagt ein Freund. „Aber falsch hat er nichts gemacht“, beteuert er. Nach der Kontrolle der Typisierung dürfen sie wieder weiterfahren.
Auffallend sind Respektlosigkeiten von manchen Autofahrern. Ein Polizist bittet einen Fahrer den Erste-Hilfe-Koffer vorzuweisen. „Mach ein Video“, sagt der Fahrer zu seinem Freund. Sie lachen und ziehen die Kontrolle ins Lächerliche.
In Phase 2 des nächtlichen Kontrollschwerpunkts wurden auch Zivilfahrzeuge der Polizei eingesetzt. Die Beamten überprüfen dabei punktuell die Hotspots, recherchieren auf sozialen Netzwerken wo dich die Szene gerade trifft und versuchen schneller Vorort zu sein. Videos von sich und anderen im Straßenverkehr zu machen und sie auf den einschlägigen Plattformen hochzuladen, während Geschwindigkeitsgrenzen überschritten werden, gehöre nämlich auch zum Macho-Gehabe einiger Roadrunner.
„Bleibt heute zu Hause, sogar der Innenminister ist bei den Kontrollen“, warnte die Tuning-Community Freitagabend auf Instagram und postet sogar Videos von den Kontrollen.
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