Der 50-jährige Kärntner Pilot Roland P. hat trotz widrigster Wetterverhältnisse wie Dunkelheit, starkem Nebel und Sichtweiten von teilweise nur 100 bis 400 Meter versucht, unter Sichtflugbedingungen in Wiener Neustadt zu landen. Für die Staatsanwaltschaft ist der Akt damit geschlossen. „Weil laut Gutachten von einem Pilotenfehler auszugehen ist und keine Sorgfaltswidrigkeit weiterer Personen festgestellt wurde, ist das Verfahren eingestellt“, erklärt Habitzl.
Was Roland P. letztlich dazu bewogen hat, bei den schwierigen Bedingungen eine Landung in Wiener Neustadt zu versuchen, wird wohl nie restlos geklärt werden. Mutmaßungen dazu gibt es genug. Beispielsweise, dass der Pilot die Maschine unbedingt in den heimatlichen Hanger bringen wollte, um die Unannehmlichkeiten einer langen Standzeit auf einem Außenlandeplatz zu vermeiden.
Haselsteiner war zuletzt Hauptinvestor von Goldeck-Flug mit Sitz und Hangaranlage am Flugplatz Wiener Neustadt. Dort war nicht nur die Bell 429 stationiert, das Unternehmen bietet auch Charterflüge mit zwei Pilatus PC-12 Businessfliegern an. Für 1.890 Euro pro Person kann man sich zu Haselsteiners Hotel Lemongarden nach Brač in Kroatien pilotieren lassen.
Der Strabag-Boss selbst nutzte die Bell 429 immer wieder für seine Termine. So auch am 21. November. Haselsteiner war für ein Meeting in Bozen. Um 15.12 Uhr an diesem Tag hob Pilot Roland P. mit dem Hubschrauber mit der Kennung OE-XCE mit dem Bauunternehmer an Bord in Südtirol in Richtung Wiener Neustadt ab. Gegen 16.30 Uhr landete der Helikopter auf Wunsch Haselsteiners auf einem Außenlandeplatz am Semmering. Der Geschäftsmann stieg für einem Termin in seinem Hotel, dem Knappenhof in Reichenau an der Rax, aus. Dieser Umstand rettete ihm das Leben.
Während am Semmering noch klare Sicht und ungetrübtes Wetter herrschte, lag das südliche Wiener Becken – wie in dieser Jahreszeit sehr häufig – in einer dicken Nebelsuppe. Das wusste auch der Pilot. Dennoch ging er das Risiko ein und wollte mit der Maschine unbedingt zum Goldeck-Stützpunkt in Wiener Neustadt.
Der Flugplatz war zur Unfallzeit nur für Anflüge nach Sichtflugbedingungen zugelassen. Dafür sind Sichtweiten von zumindest 800 Meter vorgeschrieben. „Vorbehaltlich der herrschenden Wetterbedingungen und zu geringer Sicht hat der Pilot auffallend unachtsam gehandelt“, zitiert Habitzl aus dem Gutachten des Flugsachverständigen.
Laut Bericht verlor Roland P. im Nebel über Wiener Neustadt vollkommen die Orientierung. Die Radaraufzeichnungen spiegeln einen völligen Blindflug über dem Flugplatzgelände wieder. Der Pilot sei „völlig orientierungslos“ gewesen. Die Maschine schlug rechts von der Lande- und Startbahn hart auf der Wiese ein, die Goldeck-Basis liegt genau auf der anderen Seite.
Es fehlte nicht viel und der Helikopter wäre in die Produktionshallen des Flugzeugherstellers Diamond-Aircraft oder das daneben liegende Hallenbad Aqua Nova gestürzt. Laut dem Sachverständigenbericht hat Roland P. anscheinend mit keinem Bodenkontakt gerechnet. Das Fahrwerk der Maschine war beim Absturz noch eingefahren.
Der verunglückte Kärntner aus Maria Luggau, wo seine Familie auch einen Supermarkt betreibt, galt zwar als spätberufener, aber durchaus erfahrener Hubschrauberpilot. Seine Ausbildung begann er 2009. Er war zwölf Jahre lang im Cockpit von Hubschraubern gesessen. Seit 2016 flog er die Bell 429 des Strabag-Chefs. Kollegen bezeichnen Roland P. als äußerst erfahrenen und besonnenen Piloten, er genoss auch das volle Vertrauen Haselsteiners.
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