Meldepflicht in Kraft
„Eigentlich gibt es bundesweit längst strikte Bestimmungen für die Haltung von Exoten“, sagt KURIER-Tiercoach Reitl. So schreibt das Tierschutzgesetz für ganz Österreich u.a. vor, dass bereits vor dem Kauf eines Reptils „Kenntnisse über die Biologie und die sich daraus ergebenden Haltungsanforderungen erworben werden“ müssen. Auch eine Meldepflicht ist in Kraft. In Wien müssen potenzielle Besitzer von Axolotl über Boa bis zu Veilchenlori seit Anfang 2023 diese Sachkunde bei der Behörde belegen (www.wien.gv.at); sie soll Tierleid verhindern.
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„Mit Stand 31. 12. 2022 gab es in Wien 2.637 gemeldete Wildtierhaltungen“, heißt es bei der zuständigen MA 60 – Veterinäramt und Tierschutz. Die Meldungen im Vorjahr erfolgten „so gut wie immer“. Nur in Einzelfällen mussten Sachkundenachweise nachgefordert werden.
„Wir haben durchwegs positives Feedback aus den Kursen“, sagt Eva Persy von der Tierschutzombudsstelle Wien, die das „Vorzeigeprojekt“ inhaltlich wie organisatorisch auf die Beine gestellt hat. Eine Ausweitung auf ganz Österreich wurde laut Gesundheitsministerium 2021 im Parlament paktiert; die Novellierung des Bundestierschutzgesetzes steht noch aus.
In der Bundeshauptstadt jedenfalls geben u.a. Experten der Vetmeduni, aus dem Zoo Schönbrunn oder vom Haus des Meeres ihr Fachwissen an Interessierte weiter. Nicht allen ist etwa bewusst, dass die meisten Wüstentiere, darunter Leguane, im Winter ruhen wollen, dass Aras eine spezielle Beleuchtung brauchen, um gesund zu bleiben, oder Landschildkröten am liebsten ungestört leben.
„Es besuchen auch viele erfahrene Halter die Kurse, um am Ball zu bleiben“, kennt Persy die Klientel. Einsteigern helfen die Vorträge (40 Euro für vier Stunden Kurs), die richtige Wahl zu treffen. Es muss ja kein Python sein, Bartagamen haben ebenfalls ihre Reize. Info: www.exoten-kunde.at
Wer kontrolliert?
„Die Sachkundekurse geben einen guten Überblick über den Aufwand einer artgemäßen Haltung. Sie beugen groben Fehlern vor“, ist auch Reitl aus der Ordination Tiergarten Schönbrunn überzeugt. Der Zoodoc begrüßt das niederschwellige Angebot, mit dem nunmehr Halter erreicht und geschult werden können, betont jedoch gleichzeitig, dass jede Vorschrift nur so erfolgreich ist wie ihre Kontrolle.
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Die Zahl der Amtstierärzte reicht für eine strenge Überprüfung nicht aus. Wiener Tierärzte klären zumindest über die Pflicht zum Sachkundenachweis auf.
„Wir wollen und können die Kontrolle nicht durchführen“, sagt dazu Andreas Popper, Obmann des Wiener Zoofachhandels. Der Check sei ein rechtliches und faktisches No-Go im Umgang mit Kunden: Soll sich der Lehrling im Geschäft etwa beim Verkauf einer Schildkröte mit dem 70-jährigen Stammkunden über die Vorlage der Kursbestätigung streiten?
"Es bräuchte eine Art Ausweis"
Grundsätzlich sei das Personal nach geltendem Tierschutzgesetz ohnehin verpflichtet, Kunden artspezifisch zu beraten und Anleitungen zur Haltung auszugeben. Popper ist überzeugt: „Die Leute, die sich informieren wollen, tun das mit und ohne Verordnung. Leute, die das nicht ernst nehmen, halten sich auch nicht an Gesetze.“ So weiß der Branchenkenner, dass sich das Wiener Modell bisher praktisch nicht auf die Anschaffung von Gecko, Königsnatter oder Graupapagei ausgewirkt hat.
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„Es bräuchte eine Art Ausweis, den die Kursabsolventen beim Kauf von Wildtieren vorlegen können – wie Jugendliche, die im Supermarkt Alkohol kaufen wollen“, sagt KURIER-Tiercoach Reitl und schließt: „Was nicht passieren darf ist, dass die Haltung verheimlicht und der Exot nicht zum Arzt gebracht wird.“
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